04.11.2020, 23:22
(04.11.2020, 22:55)Klartexter schrieb: Da gibt es eine Menge Dinge, Martin. Zum Beispiel Schuhe, Hosen, Hemden. Die kann ich im Geschäft anfassen, kann sie anprobieren und bin dann nach höchstens einer halben Stunde wieder raus aus dem Laden. Bei Amazon muss ich erst bestellen, dann mindestens einen Tag abwarten, wenn mir etwas nicht gefällt oder passt muss ich es wieder verpacken und zur Post bringen, und dann das selbe Spiel von vorne beginnen. Amazon mag als Lieferant für seltene Bücher taugen, aber die habe ich bei Pustet auch schon telefonisch bestellt und am nächsten Tag erhalten. Bei Amazon halte ich es mit Trump: Germany first. Denn im Fachhandel bekommt man auch entsprechende Beratung und Hilfe, wenn etwas defekt ist. Man braucht dann aber auch nicht jammern, dass die Innenstädte sterben, wenn man sein Geld einem Moloch in den Rachen wirft.
Kommt auf die Kaufgewohnheiten an, Klartexter. Bei Hosen habe ich eine Marke von der ich weiß, dass Größe X immer passt. Auf Amazon ist diese Größe immer erhältlich, noch dazu in verschiedenen Farben und Ausprägungen. Schuhe kaufe ich ebenfalls online; Camel Boots der Größe Y passen immer. Retouren sind bei mir selten, bei meiner Frau häufiger. Was ich die letzten 4 Wochen online gekauft habe: Eine Halterung für den Duschkopf im Gästebad, Schutzhüllen für die Terrassenmöbel, LAN-Kabel, mehrere Hosen, einen Rundschal für den Hals und LED-Lampen. Ich könnte mir ein Leben ohne Amazon gar nicht mehr vorstellen.
Die Beratung im stationären Einzelhandel kann man leider komplett vergessen, Ausnahmen bestätigen die Regel. Der letzte Versuch, einen Einbaukühlschrank im Ladengeschäft zu kaufen, war ein Fiasko: Ein einziges Gerät einer unbekannten Marke war ausgestellt, ein paar andere konnten wir im Papierkatalog nachschlagen. Wir beendeten das Drama, gingen auf Amazon, verglichen die Geräte online, lasen Bewertungen, Testberichte und Kundenfragen und bestellten dann das Gerät. Der zubuchbare Hermes-Großgeräteservice übernahm den kompletten Einbau inkl. Dekor, der alte Kühlschrank und das Verpackungsmaterial wurden fachgerecht entsorgt.
Die Zukunft der Innenstädte liegt im Gastro-Bereich und im speziellen Nischen-Einzelhandel. Die Zeit der Kaufhäuser ist vorbei. Wer überleben will, muss ein spezielles Angebot und eine Topp-Beratung anbieten. Z. B. gibt es einen kleinen, innerstädtischen Lego-Händler in Frankfurt, der durch geschicktes Marketing auf Youtube und exzellentem Fachwissen sehr erfolgreich ist. Der 08/15-Einzelhändler, dessen häufigster Satz „müssen wir bestellen“ ist, hat jedenfalls keine Zukunft.
Martin