(22.05.2019, 11:08)Klartexter schrieb: Manchmal bist Du schwer von Begriff. Ich zeige Dir das mal an einer Institution auf, die Dir hoffentlich bekannt ist. Dort ist genau das selbe System in Anwendung wie im EU-Parlament, die Institution nennt sich Bundesrat und dieser hat wesentlichen Einfluss auf die Gesetzgebung!
Der Bundesrat
Genau nach dem selben Prinzip wird das EU-Parlament gewählt, es gibt dort im Gegensatz zum Bundestag eine feste Anzahl von Sitzen, welche entsprechend der Größe eines Landes aufgeteilt sind. Das ist auch gut so, denn man hat ja in der letzten Legislaturperiode der GROKO gesehen, was passiert, wenn die Opposition zu klein ist, um bestimmte Dinge wie beispielsweise einen Untersuchungsausschuss beantragen zu können. In einem EU-Parlament, in dem Deutschland, Frankreich und Großbritannien durch die Zahl ihrer Einwohner ein überproportionales Gewicht im Parlament hätte, würde die restlichen EU-Staaten zu Marionetten der starken Drei machen. Du kannst Dir vorstellen, wie lange die betroffenen Länder da noch von demokratischen Entscheidungen sprechen würden.
Natürlich ist das deutsche Wahlrecht auch nicht perfekt. Da muss man gar nicht mal den Bundesrat heranziehen, sondern man kann sich schon an der Quadratur des Kreises bei der Bundestagswahl abarbeiten, die einerseits eine Proportional-, andererseits dann aber doch auch eine Personenwahl versucht unter einen Hut zu bringen. Das ist nicht möglich und führt regelmäßig zu verfassungswidrigen Überhang- und Ausgleichsmandaten, allerdings regelmäßig nur für die großen Parteien.
Zu den Bundesländern habe ich an mehreren Stellen hier und im alten AZ-Forum schon einiges gesagt. Wenn man schon meint, man braucht welche, dann hätte man bei ihrer Ausgestaltung weniger Rücksicht auf überkommene Historie nehmen sollen und das Hauptaugenmerk darauf, dass sie in Bevölkerungszahl und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit untereinander ungefähr gleich sein sollten. Man hat das nur ansatzweise korrigiert, indem man aus Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern irgendwann Baden-Württemberg gemacht hat. Bei der Gelegenheit hätte man auch gleich das Saarland mit Rheinland-Pfalz, Bremen mit Niedersachsen und Hamburg mit Schleswig-Holstein vereinigen können. Einzig der Stadtstaatenstatus von West-Berlin war bis zur Wiedervereinigung durch seine Exklaveneigenschaft berechtigt. Sofort danach hätte die Stadt natürlich die Hauptstadt von Brandenburg werden müssen.
Wen interessiert denn bitte heute noch, dass Hamburg und Bremen irgendwann mal Hansestädte waren? Niemanden, und die Hanse ist seit Mitte des 17. Jahrhunderts (!) Geschichte. Man könnte mit annähernd der gleichen Berechtigung Augsburg zum Stadtstaat machen und ihn "Reichsstadt Augsburg" nennen.
Bezogen auf Deutschland bin ich, wie schon öfter geschrieben, Zentralist. Alles andere führt nur zu Zuständen wie in den USA, wo in jeder größeren Stadt ein anderes Strafgesetz gilt, mit z.T. grotesken Auswüchsen. Und ganz praktisch äußert es sich hier bei uns z.B. bei den kürzlich hier im Forum angesprochenen Ungerechtigkeiten im Hinblick auf Bildungsabschlüsse. Leider befinde ich mich damit im Konflikt mit Art. 20 Abs. 1 GG, denn wo man kein Bündnis eingehen kann, gibt es auch keinen Bundesstaat.
(22.05.2019, 11:08)Klartexter schrieb: Die getroffene Regelung hat ja auch einen Nachteil für die kleinen Länder, der auch mal benannt werden sollte, wenn man schon "one man, one vote" fordert. Denn wenn beispielsweise alle Malteser zum wählen gehen, in Deutschland aber nur 30%, dann würde Malta trotzdem nicht einen Sitz mehr bekommen und Deutschland nicht einen Sitz verlieren. Dann möchte ich Dich und Bogdan mal hören, wenn andere Länder auf Grund der Wahlbeteiligung plötzlich mehr Stimmen im Parlament haben, denn "one man, one vote" birgt genau dieses Risiko. Und deshalb ist die praktizierte Lösung besser, denn sie garantiert großen Ländern einen größeren Einfluss, ohne dass diese aber kleinere Länder dominieren können. Umgekehrt können aber auch kleinere Länder nicht von der Wahlabstinenz größerer Länder profitieren, im Parlament sind alle Länder auf Grund ihrer Größe mit festen Sitzen vertreten.
Ja, das ist auch so ein Konstruktionsfehler des EU-Parlaments, dass die Sitzverteilung nach Nationen schon vor der Wahl feststeht und sich nicht ausschließlich nach den für die einzelnen Parteien abgegebenen Stimmen richtet.
Stellen wir uns mal vor, es wäre anders. Erstens mal wären dann die Deutschen selber schuld an ihrem Unglück, bräuchten also gar nicht rumjammern, wenn sie sich nicht ausreichend repräsentiert fühlen. Und zweitens, was kann ich denn bitte dafür, dass Deutschland so viele Einwohner hat und Malta so wenige? Gar nichts. Und deshalb hat auch niemand das Recht, meine Stimme um Größenordnung geringer zu gewichten als die Stimme von jemand anders.
Mit einer strafbewehrten Wahlpflicht, die ich ganz klar befürworte, wäre manches Problem gelöst und es würden ausnahmsweise dadurch auch keine neuen geschaffen. Wer partout nicht wählen will oder sich nicht für irgendwas entscheiden kann, der hat ja immer noch die Möglichkeit, eine ungültige Stimme abzugeben. Aber wichtig wäre zunächst mal, alle Wahlberechtigten auch zur Teilnahme an der Wahl zu bewegen.
Und zum letzten Mal: Es reicht mir langsam. Bei dir ist jeder, zur Zeit vor allem ich, "schwer von Begriff", hat "wenig Ahnung" usw., der deine Meinung nicht teilt. Wobei deine Meinung vorwiegend darin besteht, die bestehenden Verhältnisse gut zu finden. Sophie hat dich neulich schon mal sehr treffend gefragt, warum du dann überhaupt ein Diskussionsforum anbietest, wenn du andere Meinungen nicht tolerierst. Lass halt wenigstens diese persönlichen Herabwürdigungen weg; sie machen dich nicht glaubwürdiger.