Die Kommentare unter diesem Post des KStA zeigen ziemlich deutlich, was im Moment schief läuft und warum die gesellschaftliche Spaltung immer größer wird.
https://www.facebook.com/ksta.fb/posts/1...0249287951
Der Post ist eigentlich recht schlicht und faktisch: Das RKI meldet heute einen neuen Höchstwert an bekannt gewordenen Neuinfektionen.
Die Kommentarbreite reicht
- von purer Diskreditierung ("Das stimmt nicht", "Wann gibt es endlich die richtigen Zahlen", "Wieso sind das von gestern auf heute mehr", "Es gibt keine Pandemie" (!) )
- über die hinlänglich bekannten Murmeltier-Argumente ("Es gibt keine Übersterblichkeit", "Sterben die an oder mit Corona?", "Wer infiziert ist, ist nicht krank", "Das ist nicht schlimmer als eine Grippe", "Es gibt nur so viele Infizierte, weil so viel getestet wird")
- über Muster-Absolventen der YouTube-Akademie ("Schaut euch dieses xyz-Video an, erst dann versteht ihr", "Ihr könnt erst mitreden, wenn Ihr Prof. Sucharit Bhakdi oder Prof, Hendrik Streeck zugehört habt")
- bis zu dem üblichen Bezweifeln der Wissenschaft an sich ("Die ändern doch ständig ihre Meinung", "Im März war das RKI noch gegen Masken", "Es fehlt leider am wissenschaftlichen Diskurs, es dürfen sich ja immer nur dieselben äußern".)
Genau das letzte ist entlarvend: Viele sehen sich schon fast verpflichtet, sich eine Meinung zu bilden – über ein Thema, von dem sie im Grunde keine Ahnung haben. Also bilden sie sich eine Meinung aus dem Bauch oder nach eigener Interessenlage, bemühen die ihnen genehmen Gurus, um das zu verfestigen und zu "belegen" und plappern deren Meinung nach. Und werfen letztendlich "den anderen" vor, sie seien ja selbst Schuld, sie haben ihnen das ja nicht hinreichend erklärt...
"Ach, ich bin es, Professor Drosten, darf ich Ihnen gerade mal meine Forschungsergebnisse der letzten 20 Jahre und die Inhalte meines Studiums kurz in 10 Minuten erklären, damit Sie auf dem selben Stand sind wie ich und mitreden können..."
... und da Drosten das eher nicht macht, sehen sie sich legitimiert, die "Fakten aus YouTube" als wissenschaftlichen Standard und sich selbst als auf Augenhöhe zu betrachten und nicht nur mitzureden, sondern auch allen Schlafschafen zu erklären, dass sie ja keine Ahnung haben – denn die jahrelange Erfahrung und Arbeit eines Virologen haben sie durch das Ansehen eines einzigen YouTube-Videos aufgeholt und ob da nun ein anerkannter Wissenschaftler oder ein Krankenpfleger spricht, egal. Die kennen sich ja auch mit der Gesundheit aus...
Bei Themen, von denen man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten, wäre für Millionen Hobby-Epidemiologen gerade mal ein krasser Einfall...