(12.04.2020, 10:53)leopold schrieb: Danke für den Link, wirklich sehr interessant, was der Mann sagt. Seine Kritik zielt aber wohl insbesondere auf die Schweiz und die dort geführte Diskussion (…)
Umso erfreulicher ist es doch, dass die meisten der Vorwürfe auf unser Land explizit nicht zutreffen. Natürlich gab es auch hier immer wieder welche, die Covid-19 als normale Grippe verharmlosen wollten. Die Sicht der politischen Verantwortlichen war das hier aber nie.
Auch war die Zusammenarbeit unserer Forscher mit den Chinesen von Anfang an exzellent. Nicht zufällig wurde in der Charite der erste zuverlässige Test entwickelt und nicht zufällig arbeitet die Firma CureVac seit Anfang Januar an einem Impfstoff. Schließlich wird in Deutschland der Schutz des Lebens der gesamten Bevölkerung klar über die wirtschaftlichen Interessen gestellt. Der Bundespräsident hat das gestern nochmals deutlich formuliert.
Natürlich waren auch wir hier in Deutschland nicht optimal auf diese Pandemie vorbereitet. Wir haben aber wenigstens unverzüglich reagiert, haben die Kapazitäten an Intensivbetten schnell deutlich gesteigert, haben die Testkapazitäten wie nirgendwo sonst ausgeweitet, haben schrittweise die notwendigen Beschränkungen erlassen und verfügen zumindest jetzt wieder über ausreichend Schutzkleidung für das medizinische Personal. Wir befinden uns deswegen nun auch in einer wesentlich besseren Ausgangslage als die Schweiz.
Man könnte das ganze etwas nüchterner sehen und ehrlich bleiben.
Zur ersten gefetteten Stelle:
Dafür würde ich nicht die Hand, nicht mal 'nen Finger ins Feuer legen.
Wie kommt es, dass SPON vor gut zwei Wochen titelte:
Ja, man darf den wirtschaftlichen Schaden gegen Menschenleben abwägen
Da kann MP Steinmeier noch so pastoral und gutmeinend-patriarchal
reden predigen. Es wird bereits abgewägt.
Auch Sie äußerten sich ja vor einiger Zeit durchaus offen für eine solche Diskussion, als es um die künstliche Beatmung von Schwerkranken ging.
Ob das berechtigt ist oder nicht, ist eine andere Frage. Aber man sollte das nicht scheinheilig leugnen und schön daherreden.
Zur zweiten gefetteten Stelle:
"Wir in Deutschland" waren nicht nur "nicht optimal" vorbereitet auf die Pandemie, wir waren so gut wie gar nicht vorbereitet. Und das war nicht die Schuld von uns allen, und auch nicht die von schläfrigen Mediziner und Virologen oder vom RKI, sondern die Schuld der Politiker, die in den entsprechenden Entscheidungsstellen und -gremien saßen und z.T. immer noch sitzen. Spätestens seit 2013, als das düstere Pandemieszenario des RKI im BT diskutiert wurde.
Und dann in der Schublade verschwand.
Und dann noch etwas, was Sie offenbar in diesem von @forest verlinkten
Artikel überlesen haben.
Unter Punkt 5., Politische Aspekte - Propaganda:
Zitat:Warum hat man nicht nach Asien geschaut? Es gab genug Zeit. Oder anders: wie hat man nach Asien geschaut? Die Antwort ist klar: arrogant, ignorant und besserwisserisch. Typisch europäisch, oder sollte ich sagen, typisch schweizerisch?
Xi Jinping war noch nett, als er meinte, Europa sei wegen seines «Narzissmus» innert kürzester Zeit das weltweite Zentrum der Pandemie geworden. Ich würde hinzufügen: wegen seiner Arroganz, seiner Ignoranz und seines unsäglichen Besserwissertums (…)
Europa scheint unbelehrbar. Amerika – zumindest seine Wissenschaftler und ein Teil seiner politischen Journalisten – haben anders reagiert. Amerika hat die exzellenten wissenschaftlichen Arbeiten Chinesischer Autoren anerkannt und sie in ihren besten Medizinischen Zeitschriften publiziert (…)
Dass die US-Politführung das nicht umgesetzt hat, ist nicht das Problem der Wissenschaftler, welche, inklusive WHO, die exzellente Arbeit der Chinesen vor Ort lobten: «the Chinese know exactly what they do»; «and they are really, really good at it» (…)
Warum hat man alles verpasst?
Weil weder Politiker, noch Medien und die Mehrzahl der Bürger nicht fähig sind, in einer solchen Situation Ideologie, Politik und Medizin zu trennen. Eine virale Pneumonie ist ein medizinisches und kein politisches Problem. Dank des politisch-ideologisch begründeten Ignorierens medizinischer Fakten hat sich Europa in kürzester Zeit selber zum weltweiten Pandemie-Zentrum gemacht (…)
Wie kann man konstant andere Länder kritisieren, wenn man mit dem zweitteuersten Gesundheitswesen der Welt pro Kopf am zweitmeisten Infizierte hat und weder genügend Masken, noch genügend Desinfektionsmittel, noch genügend medizinisches Material vorweisen kann?
>Einwurf des Verfassers: … und wir haben ja das beste Gesundheitswesen <
Politik und Medien spielen hier eine besonders unrühmliche Rolle. Statt sich auf das eigene Versagen zu konzentrieren, wird die Bevölkerung durch ein fortgesetztes, dümmliches China-Bashing abgelenkt. Dazu kommen, wie immer, Russland-Bashing und Trump-Bashing.
War nur ein kleiner Ausschnitt aus Punkt 5, also bitte nochmal ganz genau durchlesen.
Dieses Besserwissertum, dieser Narzissmus, diese Rechthaberei und die daraus sich ergebende Rolle des Vorbildes für den Rest der Welt scheint unhinterfragtes Gewohnheitsrecht Europas, Teil seines Selbstbildes zu sein, und führend darin die Deutschen (und wohl auch die Schweizer).
Und es fällt nicht schwer, diese Einstellung auch auf den Mikroskosmos des Forums zu übertragen. Permanentes Ranking in allen Bereichen des Lebens bzw. bei allen Themen, und der Spitzenplatz ist will dauerhaft reserviert sein.