05.11.2016, 23:44
(05.11.2016, 22:57)bbuchsky schrieb: Nunja, sobald eine "Kultur" leitet, stellt sie andere zurück.
Auch wenn wir uns auf unsere Kultur zu Recht was einbilden können, sehe ich keine Möglichkeit, unsere über die der, sagen wir mal, Buschleute in Afrika zu erheben.
Wenn sich die kulturellen Eigenarten eines Volkes nicht auf Grund der eigenen Integrität in Anwendung, Verbreitung und Akzeptanz als dominant erweist, steht doch der "leitende" Charakter in Frage, oder?
@messalina, ich verstehe Ihre Ambition zu gut, aber Sprache ist höchstens eine Facette, ein Werkzeug, aber nichts, was ich unter Identität verstehe. Da müssen Sie schon mehr bringen als "Baumwolle", und Ihre pauschale Abwertung von "Fremden" sollten Sie tunlichst nicht als "kulturelles Element" verkaufen wollen. Das entlarvt Sie sonst nur noch mehr.
"Bayerisches Lebensgefühl"? Wie komme ich da bloß auf Fritzl? Leitet ein Lebensgefühl? Ist das Lebensgefühl einiger Stämme in Burma dem unseren nicht um Längen überlegen?
Sehe ich nicht ganz so. Eine Führungskraft in einer Firma "leitet" auch und stellt deswegen niemanden zurück. Diese Leitkultur ist eher als eine Art von Leitplanken zu begreifen, in denen sich das tägliche Leben einer Gesellschaft abspielt. Der Buschmann aus Afrika darf hier, sofern er die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, leben und arbeiten, aber keine Genitalbeschneidung an seinen Töchtern vornehmen lassen. Wenn er damit nicht einverstanden ist, hat er in einer westlichen Gesellschaft nichts zu suchen. Das gleiche gilt für Kulturkreise, für die es offenbar wichtig ist, dass man 11jährige oder 12jährige Mädchen verheiratet. Natürlich würde eine Gesellschaft ihre Glaubwürdigkeit in dieser Hinsicht verlieren, wenn sie selbst z. B. Kindesmissbrauch in den eigenen Reihen nicht ahnden würde. Oder wenn sie Diskussionen darüber zulässt, Kindesmissbrauch unter bestimmten Umständen zu legalisieren.
Ein weiterer, wichtiger Punkt im Kontext der Leitkultur ist der gesellschaftliche Konsens darüber, wie eine (strafbare) Handlung einzuordnen ist. Darauf zielt m. E. auch ihre Bemerkung mit der Integrität ab. In wohl jeder Gesellschaft gibt es Phänomene wie sexuelle Gewalt, Pädophilie usw. Eine Leitkultur westlicher Prägung sorgt dafür, dass Verbrechen dieser Art nicht nur dem Papier nach eine Straftat sind, sondern auch tatsächlich geahndet werden und gesellschaftlich geächtet sind. Das heißt übrigens ausdrücklich nicht, dass es in westlichen Kulturen keine entsprechenden Verbrechen gäbe.
Fritzl ist Österreicher. Bitte nicht den auch noch einbürgern. Unter bayrischem Lebensgefühl verstehe ich blauen Himmel, Berge, Weißwürste im Biergarten und ein kühles Weizen. Ich habe mir noch keine Gedanken darüber gemacht, ob es einem anderen Lebensgefühl überlegen ist. Ich liebe auch das norddeutsche Lebensgefühl, mit Deichwanderungen, Labskaus und Pils. Oder das britische, mit Westminster, Piccadilly Circus, Beef und Stout. Oder das amerikanische, mit viel Lässigkeit, Freiheit, Burger und Coke. Eigentlich schätze ich eine Menge von Lebensgefühlen, das geht bei mir quer durch über den Globus.
Martin