01.11.2017, 16:04
(01.11.2017, 14:03)leopold schrieb: Wie kommt Zagler drauf, dass sich Augsburg eine neue Geschichte konstruiert? Ich hatte in den letzten Jahren öfter das Vergnügen, an einer (offiziellen) Stadtführung teilzunehmen. Dabei wird die überaus reiche Augsburger Geschichte tabulos mit allen Höhen und Tiefen (Hexen, Täufer, etc.) präsentiert. Nur was haben die Sündenfälle der letzten Jahrhunderte bis hin zum zweiten Weltkrieg mit den heutigen Zielen der "Friedensstadt Augsburg" zu tun? Im Gegenteil ist gerade eine Stadt wie Augsburg mit seiner teils brutalen Geschichte prädestiniert, den beschwerlichen Weg hin zu einem (vielleicht irgendwann erreichbaren) wirklichen Frieden der Menschen untereinander darzustellen. Und der Augsburger Religionsfrieden ist eben nun einmal ein einzigartiger und mittlerweile etablierter Aufhänger für diese Bestrebungen. Es gibt für die Stadt Augsburg keinen Grund, sich kleiner zu machen, als sie ist - auch wenn die DAZ das anscheinend mittlerweile zu ihrem Markenkern gemacht hat.
Leider ist es halt so, dass sich Augsburg in vielerlei Marken verzettelt.
Die Römer, die Fugger, Mozart, Brecht, Wasser, Religionsfrieden - alles auf einmal und nichts g'scheit. Es fehlt das Geld und ein Plan mit Prioritäten.
Die eine Bewerbung läuft noch (Wasserstadt), schon wird die nächste ins Auge gefasst (Friedensstadt).
Die Römer behandelt man stiefmütterlich, die Fugger nebensächlich, Mozart übertreibt man, Brecht will man nicht wirklich als Marke.
Ob für's Welterbe ein paar Kanäle, ein neues Pseudo-Wasserrad, ein Wasserturm mit kleinem Museum reichen? Ist das publikumsträchtig?
Und die geplante Bewerbung für das "Augsburger Friedensfest" als UNESCO-Kulturerbe?
Das wäre ein immaterielles Kulturerbe. Soviel ich weiß, lief mehr als 10 Jahre die Bewerbung von Münster und Osnabrück um Aufnahme in den Kreis der Kulturerbe-Stätten. Es betrifft die Rathäuser, symbolisch für den Westfälischen Frieden. Sie haben mittlerweile das weniger wichtige europäische Kulturerbe-Siegel erhalten. Und Augsburg mit dem Religionsfrieden gehört eh schon zu den Städten, die als Stätten der Reformation ebenfalls dieses Siegel erhalten haben.
Sollte ein einzigartiger Feiertag (Friedensfest) für das UNESCO-Kulturerbe reichen? Der zudem schon indirekt durch das europäische Kultursiegel "Stätten der Reformation" abgedeckt ist?
Also, ehrlich gesagt, ich finde das übertrieben, ja aktivistisch.
Je nach Bedarf und Gelegenheit rückt man die oben genannten Marken in den Blickpunkt der Öffentlichkeit.
Die Römer - nicht mal ein Museum gibt es derzeit. Kein Geld.
Die Fugger - außer Fuggerei, die von den Fuggern selbst veraltet wird, nichts. Und einigen Häusern an und bei der Maxstraße.
Mozart - ein Mozarthäuschen und ein Mozart-Fest, das mittlerweile vom privat finanzierten Mozart-Festival in der Bedeutung überholt worden ist.
Brecht - ein umstrittenes Festival mit eher wenig Tiefgang (bloß nicht der Kommunist Brecht!), bei dem der mittlerweile anscheinend unverzichtbare Poetry-Slam das Wichtigste zu sein scheint.
Kuddelmuddel, jeder will mitbasteln, alle sollen auf Augsburg schauen ... Event, Event, Event ... da blitzt es in den Augen der jungen Berater des OB.