(15.06.2019, 02:09)PuK schrieb: Was ich der Sowjetunion in dem Zusammenhang vorwerfe, ist die zögerliche Information der Öffentlichkeit.
Ich habe nämlich an dem Tag, als der Fallout nach Deutschland kam, bei meiner Oma den Rasen gemäht und schon währenddessen gesehen, dass ein Gewitter im Anzug ist. Ich dachte aber, ich schaffe vorher noch mit dem Rad die 2,5 km nach Hause. Nein, ich schaffte es nicht, denn es fing an zu regnen (aus Eimern zu gießen, um genau zu sein, kurz nachdem ich losgefahren war) und ich war völlig durchnässt, als ich heimkam. Das war aber zwei oder drei Tage nach dem GAU ("Super-GAU" ist ein doofes Wort, denn etwas größeres als einen größten anzunehmenden Unfall kann es nicht geben). Es wäre genügend Zeit gewesen, die übrigen Staaten über den massiven Austritt von radioaktiven Substanzen zu informieren. Dauerhaft verheimlichen konnte man das sowieso nicht. Aber was Sache war, erfuhr man erst Tage nach diesem Wolkenbruch.
Ich überlege heute noch, ob der Regen damals ein erhöhtes Krebsrisiko für mich bedeutet. (Und ja, ich rauche. Aber das ist ein Risiko, das mir bewusst ist und das ich freiwillig eingehe, also etwas völlig anderes.)
Thematisieren sie das auch in der Serie, dass konkrete Informationen dem Rest der Welt unverantwortlich lange vorenthalten wurden?
Erinnern kann ich mich noch daran, dass damals der Himmel intensiv hellrot war, als der Regen begann. Wir waren zum Glück zu Hause, ein guter Freund von mir und ich saßen vor dem Computer.
Wir waren uns einig, dass wir diese Farbe nie vergessen werden.
In der Serie wird auch die verzögerte Informationspolitik thematisiert. Jede (politische) Hierarchie hat erstmal gemauert. Als dann die Feuerwehrmänner und Arbeiter des AKWs in den Krankenhäusern unter entsetzlichen Umständen starben und die in- und ausländischen Wissenschaftler immer lauter Alarm schlugen, hat man die Katastrophe dann Stück für Stück zugegeben.
Was man in der Serie auch lernt ist, wie es genau zu der Katastrophe gekommen ist. Die Wissenschaftler haben zuerst gerätselt, wie das passieren konnte. Eine Wissenschaftlerin hat dann eilig die Sterbenden in den Krankenhäusern interviewt und konnte die Ursache identifizieren.
Offenbar blieb der Welt eine noch größere Katastrophe erspart. Hätte man nicht einen Tunnel unter das AKW gegraben und den explodierten Reaktor von unten gekühlt, hätte sich das radioaktive Material in die Erde gebohrt und das Grundwasser vergiftet.
Zu bewundern sind alle Helfer, die damals im Bewusstsein der Gefahren ihr Leben dafür ließen, eine noch größere Katastrophe abzuwenden.
Und: Diese Serie hätte eigentlich viel früher gedreht werden müssen. Ein bessere Werbung für den Atomausstieg als diese Serie ist kaum vorstellbar.
Martin
PS. Für 4,99 Euro kann man auch als Nicht-Sky-Kunde die Serie im Stream ansehen. Gut angelegtes Geld.
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