(09.07.2018, 18:56)Serge schrieb: Die Mahnung des Schlossherrn richtet sich ja ausschließlich gegen diejenigen, die Ausdrücke wie "Flüchtlingswelle", "Asyltourismus", "Achse der Willigen" usw. verwenden. Wobei jeder dieser Ausdrücke - eigentliche sind es nichts anderes als Metaphern, als bildhafte Ausdrücke - in einem bestimmten zeitlichen und thematischen Kontext seine Berechtigung hat und ein bestimmtes Phänomen in wertender Weise veranschaulicht.
"Achse der Willigen" dazuzuzählen ist ein Witz. Noch niemand hat die andere Seite als Achse der Unwilligen, der Blockierer etc. bezeichnet. Könnte man aber, wo ist das Problem?
"Asyltourismus" ist eine abwertende Bezeichnung für eine Gruppe von Flüchtlingen, die ungeachtet ihrer Registrierungen bzw. ihrer abgelehnten Asylanträge in anderen EU-Ländern bis nach Deutschland durchschlagen, weil sie wissen, dass sie dort die höchsten finanziellen Zuwendungen bekommen und dort meist noch jahrelang bleiben können, auch wenn dort ihr Asylantrag abgelehnt wurde. Ein unschönes Verhalten, bei dem nicht humanitäre, sondern finanzielle Interessen im Vordergrund stehen. Warum dann nicht "Asyltourismus"? Warum etwas beschönigend ausdrücken, was nicht gut ist, nur weil es Flüchtlinge betrifft? Man meint ja nicht Menschen mit grüner Denke damit, oder? Wozu also die Aufregung?
Andererseits - warum sagte der stets auf Abwägung jedes einzelnen Wortes bedachte Herr Steinmeier nichts zur von Anfang an (heißt seit der Willkommenskultur) vorgenommenen und immer noch praktizierten pauschalen Diffamierung der Gegner von Merkels Asylpolitik als Nazis, AfDler, Rechtspopulisten, Deutschnationale, Pack, Abschottungspolitiker etc.?
Eine Wortwahl, die die Diskussion und die Menschen von vornherein spaltete.
Schon merkwürdig, wenn sich das = unser aller Staatsoberhaupt so einseitig äußert.
Und es geht weiter … die NGO "Politisch-korrekte Sprache" alias "Grüne Sprachreinigungsinitiative" läuft so richtig heiß.
Auf Neudeutsch heißt das Framing-Check.
Und was das heißt?
Man darf Dinge und Phänomene auf keinen Fall mit einem kritisierenden oder gar negativen Begriff bezeichnen.
Ein Politik- und Kommunikationsberater namens Johannes Hillje hat sich da wichtig gemacht.
Von "Masterplänen" und "Asyltouristen": Fünf Begriffe aus der Migrationsdebatte im Framing-Check
"Asyltourismus":
Zitat:"Hier wird Migration nicht als Suche nach Schutz sondern als Suche nach Erholung beschrieben", kritisiert Johannes Hillje. "Mit Tourismus geht einher, dass man das freiwillig macht und jederzeit nach Hause zurückkehren kann. Das alles trifft bei Geflüchteten nicht zu."
Den Begriff bewertet Hillje nicht nur als verzerrend, sondern auch als "entmenschlichend, weil es das Leid ausblendet, das oft mit Flucht einhergeht".
Treffender wäre seiner Ansicht nach: Flucht.
Wie bitte? Das ist was anderes, guter Mann.
Genauso wie Massentourismus nicht dasselbe ist wie Tourismus. Sondern eher etwas weniger Schönes, kaum Erholsames.
Es soll , wie schon erwähnt, mit dem Begriff "Asyltourismus" zum Ausdruck gebracht werden, dass für manche Flüchtlinge die finanziellen Aspekte wichtiger sind als die humanitären und sie, obwohl schon in einem anderen Land registriert oder als Asylsuchender abgelehnt, in Deutschland Aufnahme finden wollen.
"Masterplan":
Zitat:"Die Kontroll- und Steuerungsfähigkeit, die man bei so einem lokalen Projekt hat, hat man bei einem globalen Thema wie der Migration nicht", sagt Hillje. "Man kann ein weltweites Problem nicht national regeln - aber genau das wird vorgegaukelt. Das kann Enttäuschungen bei den Bürgern hervorrufen.“
Ich persönlich glaube, dass es andere Dinge sind, die bei den Bürgern Enttäuschungen hervorrufen. Zum Beispiel die Unentschlossenheit und Ratlosigkeit im der Asylpolitik, national wie in der EU, die ständige Schönrederei und das moralische Verbot, Dinge, die im Zusammenhang mit dem Thema Flüchtlinge" stehen, sachlich und nüchtern zu benennen.
Herr Hillje schlägt vor: Plan für Migration und Flucht.
Hmmm …
"Transitzone":
Zitate und Ausführungen dazu spare ich mir und beschränke mich auf seinen Vorschlag:
"Abweisezentrum"
???
Wenn das mal nicht hinterhältiger ideologischer Quatsch ist.
Ich gehe davon aus, dass dort nicht nur abgewiesen, sondern geprüft, entschieden und abgewiesen oder durchgelassen wird.
"Ankerzentrum":
Zitat:"Anker suggeriert Stabilität und Halt, wir sprechen vom Stabilitätsanker und davon, dass man im sicheren Hafen fest macht", sagt Johannes Hillje. "Dabei ist Stabilität gerade nicht, was die Menschen dort bekommen, eher Perspektivlosigkeit."
Ja, aber Stabilitätsanker ist eben nicht gleich Anker, so wie Asyltourismus nicht gleich Tourismus ist.
Ein Ankerzentrum würde ich persönlich als zentrale Anlaufstelle für eine bestimmte Gruppe von Menschen bezeichnen. Ein Anker verspricht ja auch nicht andauernde Stabilität, sondern nur vorübergehende. Es sei denn, man möchte immer dort bleiben. Aber das wollen ja weder die Flüchtlinge noch die Regierung.
"Asylgehalt"
Zitat:Johannes Hillje sagt: "Mit Gehalt bringen wir eine Arbeitsleistung in Verbindung. Es wird also so getan, als gäbe es eine Bringschuld in Form einer Arbeitsleistung seitens der Migranten, die es in der ersten Zeit nicht gibt. Wir sprechen ja auch nicht vom Sozialgehalt sondern von der Sozialleistung, das ist eine Unterstützung für Schwächere in der Gesellschaft."
Treffender wäre: Asylleistung.
Ist halt die überspitzt-ironische Bezeichnung für eine finanzielle Unterstützung, die die Höhe eines Gehaltes hat, verglichen mit dem Geld, das Flüchtlinge in ihren Herkunftsländern verdienen oder in anderen EU-Ländern als finanzielle Unterstützung bekommen.
Aber gut, einverstanden.
(Bin gar nicht so …)
PS:
Mit im Boot natürlich die SZ (
Wer "Transitzentren" sagt, sagt auch "Asyltourismus" )
und, jawoll, die
SPD:
Zitat:Die umstrittene Wortwahl von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in der Asyldebatte könnte bald ein juristisches Nachspiel haben. Die SPD im bayerischen Landtag droht der Landesregierung mit einer Klage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof, sollte sie nicht bis zum 15. Juli auf eine entsprechende Anfrage reagieren (…)
Konkret bezieht sich die Klageandrohung auf die von Söder wiederholt gewählten Begriffe "Asyltourismus", "Belehrungsdemokratie" und "Anti-Abschiebe-Industrie". Die SPD hatte vor einer Woche erstmals beim zuständigen Innenminister um konkrete Definitionen der Begriffe gebeten. Sie erhielt bislang aber keine zufriedenstellende Antwort.
Wer braucht da eine Definition dafür?
Die einen finden diese ironischen Überspitzungen angesichts der Merkelschen Einlullungspolitik angebracht, die anderen entrüsten sich.
Aber jeder weiß, was damit gemeint ist.