21.04.2018, 12:40
Ein schöner Text zum 60. des GG von Heribert Prantl:
http://www.deutschlandfunk.de/von-herren..._id=185281
Daraus:
>>Hunderttausende Displaced Persons zogen damals durch die Städte, eineinhalb Millionen Flüchtlinge lagerten allein im kleinen Schleswig-Holstein; aber über ein Grundrecht auf Asyl wurde nicht lang debattiert, es war selbstverständlich angesichts der bitteren Erfahrungen, die man selbst mit Verfolgung und Abweisung erfahren hatte. Die Mordrate war in den unsicheren Nachkriegsjahren auf bis dahin ungekannte Höhen gestiegen; die Abschaffung der Todesstrafe wurde trotzdem ins Grundgesetz geschrieben. Die neue Kriegsgefahr, die Gefahr von Spionageakten und von Anschlägen war mit Händen zu greifen; doch über das Verbot der Folter wurde keine Sekunde gestritten; man wusste, was passiert, wenn Demütigung zum Instrument staatlichen Handelns wird. Es saßen viele zuvor politisch Verfolgte in den Gremien, die das Grundgesetz vorbereiteten. Nie mehr später in einem deutschen Parlament war ihr Anteil so hoch.
In unsicherster Zeit also wurden Grundrechte geschaffen. Später, im sichersten Deutschland, das es je gab, wurden sie revidiert: erst das Grundrecht auf Asyl, weil das "Boot” angeblich voll war; dann das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung, weil man angeblich sonst der Organisierten Kriminalität nicht Herr werden konnte; heute ist es der islamistische Terror, dessen Bekämpfung Grundrechte angeblich im Wege stehen. Die Kirschen der Freiheit werden madig gemacht. Damals, 1948, erfand der Konvent das Bundesverfassungsgericht und stellte es dem Grundgesetz zur Seite. Heute wäre es so wichtig, die Rechte und Werte, welche dieses Gericht in Deutschland verteidigt hat, auch in Europa zu sichern, wo derzeit die sozialen Rechte der Wettbewerbsfreiheit ausgeliefert werden. Das wäre der richtige Dank an die Mütter und Väter des Grundgesetzes.>>
Ich weiß nicht, ob man den Verfassern des GG wirklich unterstellen kann, sie hätten das Asylrecht und andere Grundrechte wirklich für ganz andere Umstände gedacht und konstruiert.
http://www.deutschlandfunk.de/von-herren..._id=185281
Daraus:
>>Hunderttausende Displaced Persons zogen damals durch die Städte, eineinhalb Millionen Flüchtlinge lagerten allein im kleinen Schleswig-Holstein; aber über ein Grundrecht auf Asyl wurde nicht lang debattiert, es war selbstverständlich angesichts der bitteren Erfahrungen, die man selbst mit Verfolgung und Abweisung erfahren hatte. Die Mordrate war in den unsicheren Nachkriegsjahren auf bis dahin ungekannte Höhen gestiegen; die Abschaffung der Todesstrafe wurde trotzdem ins Grundgesetz geschrieben. Die neue Kriegsgefahr, die Gefahr von Spionageakten und von Anschlägen war mit Händen zu greifen; doch über das Verbot der Folter wurde keine Sekunde gestritten; man wusste, was passiert, wenn Demütigung zum Instrument staatlichen Handelns wird. Es saßen viele zuvor politisch Verfolgte in den Gremien, die das Grundgesetz vorbereiteten. Nie mehr später in einem deutschen Parlament war ihr Anteil so hoch.
In unsicherster Zeit also wurden Grundrechte geschaffen. Später, im sichersten Deutschland, das es je gab, wurden sie revidiert: erst das Grundrecht auf Asyl, weil das "Boot” angeblich voll war; dann das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung, weil man angeblich sonst der Organisierten Kriminalität nicht Herr werden konnte; heute ist es der islamistische Terror, dessen Bekämpfung Grundrechte angeblich im Wege stehen. Die Kirschen der Freiheit werden madig gemacht. Damals, 1948, erfand der Konvent das Bundesverfassungsgericht und stellte es dem Grundgesetz zur Seite. Heute wäre es so wichtig, die Rechte und Werte, welche dieses Gericht in Deutschland verteidigt hat, auch in Europa zu sichern, wo derzeit die sozialen Rechte der Wettbewerbsfreiheit ausgeliefert werden. Das wäre der richtige Dank an die Mütter und Väter des Grundgesetzes.>>
Ich weiß nicht, ob man den Verfassern des GG wirklich unterstellen kann, sie hätten das Asylrecht und andere Grundrechte wirklich für ganz andere Umstände gedacht und konstruiert.