29.10.2019, 19:46
(29.10.2019, 19:16)Serge schrieb: Ich habe die Augen auf und stelle fest:
Beim türkischen Bäcker Brot zu kaufen oder mal zu einem Marokkaner essen zu gehen, ist für mich nicht Multikulti. Das sind geschäftliche Verbindungen, ansonsten lebt man neben sich her. Friedlich zwar, aber wenn man wenig miteinander zu tun hat, gibt's auch keinen Streit.
Dazu kommt noch, dass in Augsburg die größten Migrantengruppen weit voneinander getrennt leben. Die Türken meist in Oberhausen, Jakobervorstadt, Pfersee, die Russlanddeutschen und Russen im Univiertel und im Hochfeld.
Ihr erster Satz bedient ein Klischee, das immer wieder ins Feld geführt wird, aber nicht greift.
Die im ländlichen Raum lebenden Ostdeutschen fühlen sich vernachlässigt, vergessen, unbeachtet. Man hat ihnen Arbeit, Schulen, Krankenhäuser, Bahnhöfe und Busverbindungen genommen oder zumindest brutal zusammengestrichen, in den Orten gibt es kaum noch soziale Zentren usw.
Es ist das Unverständnis - und die Wut darüber, dass den Flüchtlingen und Migranten zehnmal mehr Zuwendung und Hilfe vonseiten des Staates zuteil wird als Ihnen selbst, obwohl sie auch Deutsche sind.
Wir leben in einer Großstadt so ziemlich alle nebeneinander her oder mit wie vielen Menschen pflegen Sie persönlichen Kontakt? Was erwarten Sie eigentlich? Dass die Migranten Sie täglich in der Fußgängerzone umarmen und sich bei Ihnen bedanken, dass sie hier leben und arbeiten dürfen? Ich erwarte nicht mehr, als dass die Menschen (und zwar egal, woher sie kommen) friedlich zusammenleben. Das ist für mich Integration.
Das ist kein Klischee, sondern entspricht der Realität der Wahlergebnisse. Alle Menschen im ländlichen Raum (nicht nur im Osten) leiden mehr oder weniger stark unter solchen Problemen. Ich habe allerdings den Eindruck, dass gerade im Osten viele noch lange die Versorgungsmentalität der ehemaligen DDR pflegten und darauf warteten, dass man ihnen alles hinterherträgt, statt selbst die Initiative zu ergreifen. Diese Mentalität der nach dem Mauerfall Zurückgebliebenen, wurde offensichtlich an die Nachkommenschaft weitergegeben. Nur so sind die guten Wahlergebnisse der AfD v. a. bei den jungen Männern zu erklären. Denn es waren und sind bekanntlich nicht die Besten und Klügsten, die zurückgeblieben sind. In diesem Milieu haben es die Rechten leicht, ihre Hassideologie zu verbreiten und Ressentiments gegenüber Fremden zu schüren.