13.10.2019, 17:17
(13.10.2019, 14:20)Serge schrieb: (gefettet von mir)
Ich hab dargestellt, wie ich das sehe, d.h. wie die Rolle der AfD als Beschleuniger sehe. Nämlich anders.
Und vor allem nicht so plump, wie Sie mir in den Mundgelegt haben - wieder mal.
Der Kontroll- und Autoritätsverlust des Staates geht einher mit respektlosem Verhalten und Attacken gegen staatliche Organe. Der nächste Schritt ist die politische Radikalisierung einer Minderheit der Enttäuschten und Zornigen. Die Legitimation dafür geben rechts- und linksextreme Organisationen mit ihrem Programmen. "Begünstigen" ist so ein Wischiwaschibegriff. Das kann viel und wenig sein.
Auf alle Fälle ist das eine willkommene Leerformel, um der AfD die Schuld zuzuweisen, anstatt sie mal AUSNAHMSWEISE bei sich selbst, das heißt dem eigenen politischen Wirken seit der Schröder Ära zu suchen.
Ihr Problem ist, dass Sie alles, was nicht perfekt oder schlecht ist in Deutschland, nur noch vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise sehen können. Erstaunlich ist, dass ausgerechnet ein Linker, der Sie ja wohl immer noch sein wollen, das bisschen Anarchie im Jahr 2015 als ultimative Staatskrise interpretieren.
Wie Sie wissen bin ich Beamter und ich war in diesen Monaten freiwillig "an der Front", um mitzuhelfen, dem Ansturm der Flüchtlinge administrativ Herr zu werden. Ich kann Ihnen deswegen aus erster Hand versichern, dass der deutsche Staat damals mitnichten völlig die Kontrolle verloren hatte, auch wenn manches hätte besser organisiert sein können. Jedenfalls lief nach kurzer Zeit wieder alles in geordneten Bahnen und das tut es bis heute. Es dürfte zudem kaum einen anderen Staat geben, der trotz aller Schwierigkeiten solch ein Ereignis besser und schneller bewältigt hätte als Deutschland und insbesondere auch das Land Bayern.
Es wurden seitdem auf der Grundlage der gemachten Erfahrungen Strukturen aufgebaut, die verhindern, dass sich die Zustände von 2015 jemals wiederholen werden. Sie können also beruhigt sein.
Was geblieben ist von der Flüchtlingskrise ist allerdings die AfD. Diese Partei hat die damalige Stimmung in der Bevölkerung geschickt genutzt, um schlummernde Ressentiments, latente Vorurteile bis hin zu Ausländerhass und Antisemitismus wieder aus den Tiefen des Bewusstseins der Bevölkerung hervorzuholen und in manchen Kreisen wieder gesellschaftsfähig zu machen. Nun sagen viele wieder laut in aller Öffentlichkeit das, was Sie früher nur dachten oder sich nur im kleinsten Kreis Gleichgesinnter auszusprechen trauten.
Mit den von Ihnen angesprochenen sozialen oder politischen Problemen hat das wenig zu tun, denn die AfD dürfte am wenigsten geeignet sein, diese Probleme zu lösen. Dazu fehlen ihr nämlich die programmatische Grundlage und das geeignete Personal. Die AfD ist keine Partei für das Volk, sondern in großen Teilen eine Partei, die unsere Demokratie zerstören und als nationalistische Bewegung an die überwunden geglaubten düsteren Zeiten unserer Geschichte anknüpfen will. Das gilt es zu verhindern. Und Sie sollten sich überlegen, auf welcher Seite Sie stehen.