07.07.2019, 09:19
Wer wissen will, wie der Beschluss des Rates zugunsten von der Leyens tatsächlich zustandekam, wird hier fündig. Besonders gut gefallen haben mir folgende Begebenheiten, eine besondere Rolle spielte der arme Herr Weber:
Von Lügen und Fehleinschätzungen
Zitat:Nun schlägt die Stunde der Konspiratoren. "Es gab mächtige Kräfte", orakelt Manfred Weber nach seiner Niederlage im Europäischen Rat. "Die Achse Macron und Orbán" sei es gewesen, Vokabeln wie Hinterzimmer und Nachtsitzung werden zur Untermalung der düsteren Szenerie bemüht.
Was der CSU-Mann und Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) nicht sagt: Eine dieser sogenannten Nacht- und Hinterzimmersitzungen hat er selbst maßgeblich gesteuert. (...) So saß die deutsche EVP-Mannschaft schließlich im Kanzleramt und musste entscheiden. Sicher waren zu diesem Zeitpunkt zwei Dinge: Weber würde nicht Kommissionspräsident werden. Und die Regierungschefs hatten sich nach ihrer ersten erfolglosen Gipfelrunde am Donnerstag und Freitag darauf verständigt, dass nun das für Brüssel und Straßburg typische Besetzungsverfahren angewendet würde: Die stärkste Fraktion erhält den ersten Zugriff, die zweitstärkste den zweiten und so weiter.
Weber und Daul mussten sich also entscheiden, welchen Job sie für die EVP reklamieren möchten. Die Antwort: Um das Spitzenkandidaten-Verfahren zu retten, verzichtete die EVP auf die Kommissionsspitze, Weber beanspruchte stattdessen das Amt des Parlamentspräsidenten. Die logische Folge: Den Sozialdemokraten wurde der zweite Zugriff ermöglicht, und sie reklamierten für ihren Kandidaten Frans Timmermans prompt den Präsidentenstuhl der EU-Kommission.
(...)
In dieser Gipfelnacht stellte sich heraus, dass die Konstellation weit komplizierter war als bisher angenommen. Grob sortiert teilten sich Widerstand und Interessen in mehrere Lager auf. Ein Lager, angeführt von Emmanuel Macron, wollte unbedingt verhindern, dass einer der Spitzenkandidaten Kommissionschef wird. Der Franzose lehnt das Verfahren ab, weil es nicht im EU-Vertrag verankert ist und es keine transnationalen Listen gibt, mit denen die Spitzenkandidaten in jedem EU-Land gewählt werden können. Eine solche Wahlreform hatte die EVP im Winter 2018 verhindert. Der Fraktionschef hieß damals schon Manfred Weber.
Von Lügen und Fehleinschätzungen