22.09.2018, 11:15
(22.09.2018, 10:28)Klartexter schrieb:So ganz stimmt Ihre Argumentation nicht, leopold. Wenn Sie eine Immobilie besitzen, dann zahlen Sie jährlich Grundsteuer. Sobald die Immobilie oder das Grundstück verkauft wird, ist auch der Staat daran beteiligt. Ist übrigens eine eigene Erfahrung.
Wenn der Erbfall eintritt, leopold, dann partizipieren die Erben von der Arbeit des Erblassers, das ist richtig. Aber warum vergleichen Sie dann die Erben mit Leuten, die kaum von ihrer Arbeit leben können? Vermögen bildet sich nicht von alleine, es sei denn, man gewinnt im Lotto. Wer durch seine Hände Arbeit und durch geschicktes kaufmännisches Verhalten im Lauf der Zeit zu Vermögen kommt, der zahlt auf der anderen Seite einen hohen Preis. Denn in den meisten Fällen leidet das Familienleben darunter, weil oberste Priorität das Geschäft hat. Jedes Ding hat nämlich zwei Seiten, nur will man das oft nicht sehen.
Deshalb ist die Erbschaftssteuer für mich trotz der hohen Freibeträge schon etwas fragwürdig. Denn mit dieser Steuer werden im Prinzip Eingriffe in das Vermögen einer Familie gemacht, was im Umkehrschluss eigentlich nur bedeuten kann, dass der Staat persönliches Eigentum missachtet. Ich weiß natürlich, dass die Diskussion darüber eher akademischer Natur ist, aber die Erbschaftssteuer trifft doch einen wesentlich größeren Personenkreis als man vielleicht landläufig denkt. Wenn beispielsweise jemand in den 50er Jahren einen Betrieb aufgebaut hat, Grundstücke dafür erworben hat und eventuell darauf Wohnraum für sich und Betriebsgebäude errichtet hat, dann konnte er das nur unter größten Entbehrungen für sich und die Familie machen, sofern er nicht selbst schon beträchtliches Vermögen hatte. Über die Grundstückspreise in den 50er Jahren brauche ich Ihnen nicht viel zu erzählen, heute sind die ein Vielfaches wert.
Wenn dann jemand stirbt und eben den Betrieb samt Grundstücken hinterlässt, dann kann die Freigrenze schnell überschritten werden. Die dann fällige Steuer wiederum kann die Erben belasten, so dass sie Teile des Grundbesitzes oder gar den gesamten Besitz verkaufen müssen, um den Betrag zu bezahlen. Natürlich können sie auch nur eine Hypothek aufnehmen, trotzdem stellt sich da doch die Frage nach dem warum. Indirekt bestraft der Staat dadurch diejenigen, die mit zum Bruttosozialprodukt beigetragen haben.
1. Die Grundsteuer zahlt letztlich nicht der Eigentümer, sondern der Nutzer der Immobilie. Warum eigentlich?
2. Inwiefern fallen beim Verkauf einer Immobilie oder eines Grundstücks Steuern an? Das gilt nur für Spekulationsgewinne.
3. Natürlich bildet sich Vermögen auch von alleine: Welche Leistung liegt darin, wenn Grundstücke, Gebäude oder Aktien im Wert steigen?
4. Es geht doch gar nicht darum, die Leute zu enteignen. Es geht darum, für leistungsloses Einkommen (und das sind Erbschaften nun einmal, ich habe selbst mehrfach etwas geerbt und auch gerne Steuern bezahlt) einen Betrag an die Gemeinschaft abzuführen.
5. Wir leben doch angeblich in einer Leistungsgesellschaft: Die Nachkommen Vermögender haben bekanntlich ohnehin weitaus bessere Startchancen als die Kinder armer Leute. Warum soll dies auch noch durch unbegrenzte Vermögenswerte verfestigt werden? Auf diese Weise driftet unsere Gesellschaft immer weiter auseinander. Eine Erbschafts- oder Vermögenssteuer wirkt dem entgegen.
6. Beim Vererben von Betriebsvermögen gibt es bereits heute mehr als ausreichend Ausweich- und Stundungsmöglichkeiten. Dafür hat schon die CSU gesorgt.
7. Noch was zur Steuersystematik: Familien werden in unserem Steuer- und Sozialsystem an vielen Stellen begünstigt und entlastet. Was spricht dagegen, einen Teil davon an den Staat zurückzugeben, wenn im Falle von hohen Vermögen diese Förderung offensichtlich gar nicht notwendig war?