(14.11.2017, 12:24)forest schrieb:
Tatsächlich ist das sehr frei übersetzt; da war kein Automat am Werk, sondern Poeten von der Meisterklasse:
...
Ah! tu es belle à regarder
Tes bas tombant sur tes chaussures
Et ton vieux peignoir mal fermé
Et tes bigoudis qu'elle allure
Je me demande chaque jour
Comment as-tu fait pour me plaire
Comment ai-je pu te faire la cour ?
Et l’aliéner ma vie entière
Comm'ça tu ressembles à ta mère
Qu'à rien pour inspirer l'amour
...
Ah! you're beautiful to look at
your sagged stockings on your shoes
With your old nightgown badly closed
And your curling pins what an elegance
I ask myself every day
How did you do to please me
How could I ever made love to you
Give up my whole life for you
That way you look like your mother
Who has nothing to inspire love
...
Du bildest dir doch wohl nicht ein,
du könntest reizvoll für mich sein
mit deinen unbedeckten Knien
wenn deine Strümpfe Wasser ziehn.
Du läufst im Morgenrock herum
ziehst dich zum Essen nicht mal um
deine Haare da baumeln kreuz und quer
die Lockenwickler hin und her
und schiefe Hacken obendrein
wie fiel ich nur auf sowas rein.
Wenn Serge aus dem Bois de Boulogne zurück ist, könnte er dienlich sein...
Okay.
Na ja, da hat sich der Herr Übersetzer sehr viel dichterische Freiheiten genommen. Soviel hätte es gar nicht gebraucht.
Man muss allerdings berücksichitgen, dass sich das alles reimen soll und auch die Silbenzahl und der Rhythmus stimmen sollte, denn das wird ja gesungen. Aber wie gesagt, manches hat er einfach weggelassen, manches hinzuerfunden. Das hätte man schon näher am Originaltext machen müssen.
So ist das vor allem "frei nach".
Die englische Übersetzung ist da sehr nach am Originaltext. Aber nimmt halt keinerlei Rücksicht auf Rhythmus und Reim.
Etwas konkreter:
Das mit den
wasserziehenden Strümpfen ist eine mir unbekannte Metapher bzw. Sprichwort, das aber sogar im Duden Aufnahme gefunden hat. Vielleicht kennt es ja BB, der stammt ja eher aus dem Norden.
Nackte Knie und
schiefe Hacken kommen gar nicht vor, dafür ein halboffener alter Morgenmantel. Auch von Essen und
herumbaumelnden Haaren ist nicht die Rede. Die Klagen, warum er ihr überhaupt nachgelaufen sei und damit sein ganzes Leben weggeworfen habe, fehlen dagegen bzw. kommen deutlich zu kurz. Ebenso der lustraubende Vergleich mit der Mutter.
Fazit: Der Originaltext wirkt vor allem tragisch, desillusiniert, während die deutsche Übersetzung derselben Strophe eher belustigende, ja kabarettmäßige Wirkung hat (von der Lippe, Karl Dall) und das Bild einer gealterten Pippi Langstrumpf ins Gedächtnis ruft.