(02.07.2019, 15:02)Serge schrieb: Mit der Kausalkette hast du recht, aber mittlerweile ist sie so aufgestellt.
Ja, was soll ich zu den "kleinherzigen Erwägungen" sagen?
Was wäre denn "großherzig"?
Alle, die nach Europa wollen, großherzig aufzunehmen?
Da kann doch wohl nicht sein. Die wenigsten Flüchtlinge aus afrikanischen Ländern kommen aus Furcht um ihr Leben. Bei den allermeisten sind es materielle Gründe. Haben die so einfach das Recht, hierher kommen und zu sagen, ich will jetzt auch?
Es gibt auch andere. Ich hab im Urlaub zwei Afrikaner (von etlichen anderen) aus Mali und von der Elfenbeinküste kennengelernt, die an den toskanischen Stränden ihre Sachen verkaufen. Tücher und Kleidung aus Indien, es waren schöne Sachen. Als ich sie fragte, ob sie Flüchtlinge seien, waren sie erstaunt.
Nein, sie kämen im Sommer nach Italien, so für 4 Monate, und dann kehrten sie in ihre Heimat zurück. Kleidung und Schmuck und andere Sache einkaufen. Der eine hatte Familie, der andere nicht. Und das machen sie so seit Jahren. Und sie verdienen ganz gut dabei, jedenfalls ein guter Zuschuss zu dem, was sie zuhause verdienen. Ob die jetzt eine offizielle Erlaubnis hatten, am Strand zu verkaufen, weiß ich nicht. Sie drucksten da etwas herum. Es ist wohl geduldet, wenn es nicht zu viele werden.
Zurück zu "kleinherzig".
Ich finde halt, man sollte seine Einstellung oder Haltung nicht von schlimmen Bildern abhängig machen, wie es ja auch hier die SZ und andere Medien immer wieder tun.
Dieses Problem lässt sich nicht auf der emotionalen Ebene lösen. Glaubst du, dass einer der sich so human und weltoffen gebenden Politiker wie unser BP auch so moralisch-salbungsvoll daherreden würde, wenn Deutschland direkt gegenüber von Afrika liegen würde und von diesem Problem seit vielen Jahren betroffen wäre, ohne Hilfe von den anderen EU-Staaten? Je höher sich jemand in der Parteihierarchie befindet, umso weniger hat er doch in der Regel mit den Problemen des Alltags, hier mit Flüchtlingen und den damit verbundenen Problemen, hautnah zu tun.
Sonntagsreden halten und ansonsten öffentlich die Hände in Unschuld waschen.
Was glaubst, wie stark hier die AfD wäre, wenn es hier eine Küste zum Mittelmeer gäbe?
Und du kannst dir sicher denken, warum das so wäre. Weil es Menschen gibt, die es persönlich beglückend und sehr human fänden, so viele Flüchtlinge wie möglich in unserem Land aufzunehmen, diejenigen, die gut verdienen, ein sorgenfreies Leben führen, die sich Intellektuelle oder Künstler nennen - und weil es andere gibt, die deutlich weniger oder nur wenige aufnehmen würden, weil sie mehrere Millionen Flüchtlinge nicht nur als eine sozialpolitische Gefahr für unsere Gesellschaft sähen, sondern auch tiefgreifende gesellschaftlich-kulturelle Veränderungen oder gar Entfremdung befürchteten, weil sie wollen, dass ihr Land, dessen demokratische Entwicklung sie seit viele Jahre miterlebt und mitgestaltet haben, ihnen vertraut bleibt. Und letztere dürften deutlich in der Mehrheit sein.
Haben sie nicht ebenso das Recht, dies zu wollen, wie die anderen, die für eine ständige und unbürokratische Aufnahme von Flüchtlingen sind, ohne womöglich die Folgen dieser Haltung bis zum Ende zu denken?
Wer gibt Politikern und Aktivisten aus der Flüchtlingsszene das Recht, die anderen, die das kritisch sehen, als rechts oder völkisch zu verunglimpfen? Wie selbstgerecht und ignorant muss man sein, das zu tun!?
Muss jeder ein Globalist sein? Kann man nicht sagen: Mir taugt es so, wie es ist, es braucht nicht mehr Flüchtlinge? Ist dieser ideologische politische und wirtschaftliche Globalismus nicht ein Brandbeschleuniger?
So, jetzt hör ich auf, so viel wollte ich gar nicht schreiben.
Aber eins vorweg, denn ich höre schon die Edlen, Einfältigen und Guten hecheln:
Ich bin kein Rechter, habe nie NPD oder AfD gewählt und werde es auch nie tun. Ich bin links und wähle links, auch wenn es mir manchmal schwerfällt zu verstehen, was Linke unter Internationalismus verstehen. Jedenfalls ist das nicht das Gebot, alle Afrikaner, Araber usw. aufzunehmen, die nach Deutschland oder Europa wollen.
Danke für Deine sachlichen Ausführungen auch in voller Länge.
Nein, von alle aufnehmen war nicht die Rede. Aber wollte man nicht an der nordafrikanischen Küste Zentren aufbauen über die eine geordnete Asylpolitik von Statten gehen sollte? Wie steht es denn damit? Wie steht es mit den Ansätzen, den Menschen, die aus wirtschaftlichen Gründen ihre Heimat verlassen wollen, Perspektiven zu geben, damit das nicht mehr als vorteilhaft erachtet wird.
Und dann ist da eben der Punkt, was man mit denen macht, die trotzdem noch die Dienste der kriminellen Schlepperbanden in Anspruch nehmen und sich dann in Seenot auf dem Meer wiederfinden. Sie in erbärmliche Lager zu verfrachten, wo sie ggf. sogar gefoltert werden, scheint mir keine geeignete Option zu sein, auch wenn manche das als 'lehrreich' einordnen würden.
Der Herr Steinmeier sollte sich in der Tat besser zurückhalten. Ich sage nur: Kurnaz. Da hätte er es persönlich in der Hand gehabt, einen Menschen aus menschenunwürdigen Haftbedingungen zu erlösen - doch es schien ihm politisch nicht opportun. Außerdem ist es politisches Tagesgeschäft, zu dem er an sich keine Stellung zu nehmen hat.
Wenn wir eine Küste zum Mittelmeer hätten, wäre es gar nicht zu dieser Entwicklung gekommen. Das waren ja die verheerenden Auswirkungen der Dublin-Abkommen, dass die Binnenstaaten fein raus waren. Eines der großen Merkelversäumnisse, die das viele Jahre überhaupt nicht gekümmert hat, um dann ganz spontan ihr Herz zu entdecken - bzw. ich meine ja immer noch, dass da im Grunde der Wunsch nach Zuwanderung, den sie mit ihrer Partei niemals hätte durchsetzen können, dahintersteckte. Sie nützte eine sich bietende Gelegenheit, um ihr persönliches Programm abzuspulen - so ähnlich wie bei der Energiewende.
Wir haben das schon mehrfach besprochen, dass es im Grunde völlig unverständlich war, dass sich das die Anrainerstaaten so lange haben gefallen lassen. Ich sehe aber immer noch eine Verpflichtung, die in Seenot geratenden aufzunehmen - nur kann man die Staaten, die auf die das geographisch fällt eben nicht damit alleine lassen.