06.11.2017, 23:24
(06.11.2017, 15:19)Serge schrieb: Das Buch war schon mal sehr gut, ja einzigartig in seiner Verbindung aus Fiktion, engen Bezügen zur Wirklichkeit und Dokumenten zum Fall.
Nun ja, die Verfilmung hat ihre Schwächen.
Relativ harmlos und der Kürze der knapp 90 Minuten geschuldet ist der völlige Umbau der Rahmenhandlung mit Olga. Schade ist, dass die Szene mit der Übernachtung zwischen den Leichenteilen in Formalin fehlt. Das war die beste des ganzen Buchs. Gefolgt davon, wie Olga den Professor beeindruckt. Oder wie sie den Schlüssel klaut. Das fehlt leider alles.
Ungeschickt ist auch, den Zuschauern erst nach einer halben Stunde so nebenbei in einem Halbsatz zu verraten, dass Dengler nicht aus eigenem Antrieb an der NSU-Geschichte dran ist, sondern dass er einen Auftrag hat und von jemandem dafür bezahlt wird. Das kommt im Buch nicht ohne Grund ganz am Anfang, denn das wird am Ende wichtig.
Noch schlimmer finde ich aber, dass sie offensichtlich auch an der NSU-Handlung herumgekürzt haben. Es gibt im Buch umfangreiche Erörterungen über eine Böschung einer Baugrube, die aus Sicht der Polizisten hinter dem Wohnmobil war. Über diese Böschung hätte sich eine dritte Person (= mutmaßlicher Mörder) ungesehen entfernen können. Diese Grube kommt im Film überhaupt nicht vor. Dafür aber eine Halle, die angemietet wurde, um mit einem Wohnmobil den Tod der beiden nachzustellen. Das wird im Buch alles anhand von Fotos und Akten gelöst, aber natürlich ist so eine Halle optisch reizvoller. Die Halle ist verschmerzbar. Aber auch diese ganzen Geheimdienstverflechtungen werden im Film höchstens angedeutet. Im Film sind die vom BKA die Bösen und fertig.
Die Besetzung fand ich auch nur so lala. Die Olga im Buch hat mehr Sex und der Film-Olga nehme ich auch die Hackerin nicht ab. Keine Ahnung, wieso. Aber das ist keine Häxe.
Der Film war nicht so schlecht, wie sich das liest. Aber man hätte einen weit besseren aus dem Buch machen können, am besten einen Zweiteiler. Wenn man drei Stunden Zeit hat, muss man sich drehbuchmäßig nicht so verrenken. Das ist nämlich im Prinzip unnötig. Schorlaus Dengler-Romae sind bereits in Szenen aufgeteilt, die man eigentlich nur zu verfilmen braucht. Die Romane sind bereits aufgebaut wie ein Spielfilm.
Interessant ist, mit welcher Inbrunst die deutsche Journaille den Film in Grund und Boden schreibt. Zweifel an der offiziellen Darstellung sind schön langsam schon nicht mal mehr in der Fiktion erlaubt. Sie könnten ja vielleicht einige verunsichern.
ZON
SZ
Freitag