12.11.2018, 21:52
Trefflicher Kommentar:
Zitat:Gelegentlich machte es der deutsche Innenminister seinen Gegnern allzu leicht: Er selbst lieferte die Steilvorlagen, die es erlaubten, ihn zum Sündenbock für alle Probleme der Union zu machen. Indem sie Seehofer attackierten, versuchten CDU-Politiker, eine ernsthafte Debatte über Angela Merkels Politik zu vermeiden.
Seinen Kritikern hat es Seehofer gelegentlich sehr einfach gemacht: Im Juli stritt er mit Merkel um ihre Asylpolitik und drohte damit, seine Ämter niederzulegen. Dass er schliesslich doch weiter mit ihr regierte, musste alle enttäuscht zurücklassen: Für Merkels Unterstützer war Seehofer von nun an der populistische Störenfried, für Merkels Gegner ein Feigling, der klein beigegeben hatte.
Dass er gelegentlich durch Äusserungen auffiel, die bestenfalls mangelnden Ernst oder rhetorische Ungeschicklichkeit, schlimmstenfalls aber Zynismus verrieten, machte seine Lage nicht gemütlicher.
Vollends untendurch war der Bayer bei Sozialdemokraten, Grünen und Linken, nachdem er im September zunächst an Hans-Georg Maassen festgehalten hatte, dem damaligen Chef des deutschen Inlandsgeheimdienstes, der nach den fremdenfeindlichen Übergriffen im sächsischen Chemnitz daran zweifelte, dass es sich dabei um «Hetzjagden» gehandelt hatte. Maassen, so insinuierten seine Kritiker, war insgeheim ein Verbündeter der rechten AfD – und Seehofer, der ihn stützte, indirekt auch.
Tatsächlich handelte der Minister im Fall Maassen richtig: Zunächst stellte er sich vor einen Beamten, dessen Verfehlungen gemessen an seinen Verdiensten geringfügig waren. Dass Maassen schliesslich in einer absurden Volte noch zum Staatssekretär befördert wurde, hatten sich die Sozialdemokraten zuzuschreiben, die allzu rasch und allzu ultimativ dessen Abgang gefordert hatten.
https://www.nzz.ch/meinung/horst-seehofe...ld.1435857