(18.05.2018, 19:27)leopold schrieb: Sie dürfen alles zeichnen oder schreiben, es sollte nur keine Ähnlichkeit mit NS-Hetze haben. Das sollte doch möglich sein. Das ist eben der Preis für 6 Millionen ermordete Juden.
Völliger Quatsch. Ich und meine Vorfahren haben keine Juden ermordet. Der eine Großvater hat an der Ostfront 1943 einen russischen Bombensplitter in den Kopf gekriegt und das nur knapp überlebt, und dann war der Krieg wenigstens für ihn vorbei. Der andere Großvater war in Norwegen, und da haben sich die Nazis sogar recht zivilisiert benommen. Kein Wunder, denn wenn man wo "echte Arier" findet, dann ja wohl in Norwegen.
Andererseits wurden meine Großmutter und mein Vater (damals fünf Jahre alt) im Winter in einem offenen Viehwaggon nach Bayern ins Auffanglager gekarrt. Sie durften gerade soviel mitnehmen, wie in eine Kiste von ungefähr 1 m³ passte. Und die Kiste wurde dann noch nach Wertgegenständen gefilzt und darin Gefundemes wurde dann "beschlagnahmt". Ein bisschen was, was die Oma im Saum von einem Kleid oder einer Hose eingenäht hatte, haben sie nicht entdeckt, aber das meiste. Das Geburtshaus von meinem Vater gehört jetzt auch anderen Leuten. Das Stichwort lautet
"Beneš-Dekrete". Ich hätte also Grund dazu, die Tschechen nicht zu mögen. Ich mag sie aber trotzdem, weil dort vieles geht, was hier nicht geht, und weil mich das alles nicht betrifft. Erbschuld aller Deutschen bezüglich der ermordeten Juden ist Quatsch, genauso wie die "Erbsünde" Quatsch ist. Man erbt keine Sünden seiner Vorfahren. Was jemand tut, hat derjenige selbst zu verantworten. Und wenn der gestorben ist, dann kann man nicht andere Leute, die gar nichts mit einer Entscheidung eines anderen Menschen zu tun haben, in die "kollektive Verantwortung" ziehen.
Bei Hanitzsch ist es so ähnlich. Der ist 1933 geboren, war also 1945 12 Jahre alt. Das ist kein Alter, in dem man sich normalerweise für Politik interessiert.
Man könnte nun einwenden, dass ein Karikaturist sich über die Geschichte der Karikatur schlau machen sollte, insbesondere auch über die (ziemlich geniale) Propaganda von Goebbels und die extrem plumpe Form von Julius Streicher. Aber muss er das in seiner Situation wirklich, wenn er eine Idee für eine Zeichnung hat? Und ich bin mir im Übrigen völlig sicher, dass sich Hanitzsch da auskennt.
Und, wie gesagt, ihm ist auch der FJS mit Teufelshörnern auf dem Kopf durchgegangen. Es darf einfach nichts und niemanden geben, über den oder das man keine Witze machen darf. Israel darf kein Tabu sein. Eventuell, wenn man so will, ist die Zeichnung auch als Satire auf den "Stürmer" zu betrachten.