Nun ja. Ich würde mal sagen, die Bilanz ist bisher allenfalls durchwachsen.
Mich interessiert vor allem die Außenpolitik der Vereinigten Staaten. Und da hatte Trump im Wahlkampf gesagt, Amerika werde sich unter ihm als Präsident künftig mehr um sich selbst kümmern. Ja, keine schlechte Idee. Denn seit mehr als 100 Jahren liegt diese Nation ununterbrochen mit anderen Ländern im Krieg. Und außer einer, nämlich Deutschland, hat ihr keiner den Krieg erklärt. Selbst Pearl Harbour war keine Kriegserklärung seitens der Japaner, denn die Nationen befanden sich längst im Krieg miteinander.
Das wäre also dringend geboten, dass die USA sich auf sich selbst besinnen und ein bisschen weniger Krieg in aller Welt führen.
Davon ist aber nichts zu sehen.
a) Er heizt den Konflikt mit Nordkorea an. Lasst den Kim doch seine Raketen starten. Ihr habt viel mehr davon. Und es ist eben nicht so, dass es einen Exzeptionalismus gibt, der es nur den USA erlaubt, Kernwaffen zu besitzen. Die USA halten sich ja auch nur an internationale Vereinbarungen, wenn ihnen das nützt. Das kommunizieren sie auch ganz offen, und das ist eben dieser angebliche "Exzeptionalismus". Warum sollte sich Nordkorea nicht auch für eine Ausnahme halten dürfen? Ich sehe dafür eigentlich keinen überzeugenden Grund, wenn man beides von außen betrachtet. Und ganz nebenbei: Es gibt viele Nationen, die Kernwaffen besitzen. Aber es gibt nur eine einzige, die sie bisher auch tatsächlich eingesetzt hat. Und zwar ohne Vorwarnung und bewusst über Großstädten, um möglichst viele Zivilisten zu schädigen. Hiroshima und Nagasaki waren keine strategischen Ziele, sondern ein ganz brutaler Versuch, einerseits den zweiten Weltkrieg jetzt möglichst schnell und mit möglichst wenigen eigenen Verlusten zu beenden und gleichzeitig auch die Wirkungen dieser neuartigen Waffe an einer Zivilbevölkerung auszuprobieren. Welche Zivilbevölkerung, war dabei übrigens völlig egal. Irgendeine, mit deren Staat man halt gerade im Kriegszustand war. Wären die Bomben ein paar Monate früher fertig geworden, hätte es auch die deutsche sein können. Schäbiger geht es nicht, als wenn man Hunderttausende Tote und Schwerverletzte und lebenslang Geschädigte in Kauf nimmt, um einfach mal irgendwo, wo es gerade passt, eine neuartige Waffe zu testen. Und deshalb sollten die USA lieber einfach mal ganz still sein, wenn es um das Thema geht, wer Kernwaffen besitzen darf und wer nicht. Denn wir wissen doch im Grunde ganz genau, warum der dicke Kim mit dem Babyface unbedingt Kernwaffen braucht. Weil er sich dort sonst nicht mehr lange an der Macht halten kann, weil sonst nämlich bald eine internationale Armee unter Führung der USA mit einem UNO-Mandat bei ihm einmarschiert kommt und dem Land "Demokratie" der westlichen Machart bringt. Und das muss der dicke Kim natürlich um jeden Preis vermeiden. Es ist doch ganz offensichtlich, dass der gar nicht anders kann. Die USA könnten aber anders. Sie könnten ihn einfach ignorieren, denn so bedrohlich und wichtig ist der lange nicht, wie er tut. Ich finde das äußerst unklug, mit Beleidigungen wie "kleiner Raketenmann" auf Twitter um sich zu ballern. Denn das fasst der kleine Mann möglicherweise aus seiner als bedrohlich empfundenen Situation heraus als Beendigung des Waffenstillstands im Korakriegs auf. Dieser Krieg wurde ja nie offiziell beendet, und nach nordkoreanischer Auffassung ist es eben auch nur Waffenstillstand, der nun schon länger herrscht. Wer könnte das wollen, dass dieser Krieg dort jetzt nach Jahrzehnten wieder aufflammt? Doch kein vernünftiger Mensch eigentlich. Es gäbe daher gute Gründe für die USA, sich diesbezüglich zu mäßigen. Nicht nur einen guten Grund, wie gesagt. Sondern mehrere bis ziemlich viele.
b) Er erklärt ohne jeden Grund Jerusalem zur anerkannten Hauptstadt von Israel. Niemand will das, außer ein paar Hardlinern, die in Israel gerade zufällig an der Macht sind und ihren Unterstützern in den USA und anderswo. Man hätte das einfach so lassen können, wie es ist, weil es, wie schon woanders ausgeführt, so egal ist, wie die Frage, ob Bonn oder Berlin die Hauptstadt von Deutschland ist. Bonn wäre billiger und pragmatischer gewesen, wenigstens so viel kann man sicher sagen. Aber er muss da mutwillig Benzin in den schwelenden Nahost-Konflikt gießen. Entspannungspolitik sieht anders aus.
c) Entspannungspolitik mit Russland stelle ich mir anders vor als an den Haaren herbeigezogene und völlig sinnfreie Vorwürfe, russische Bots hätten in den Wahlkampf eingegriffen. Denn was sollte das. Es kann den Russen doch völlig egal sein, welcher Clown das Imperium die nächsten vier Jahre lang im Fernsehen darstellt. Er hätte das umfassend aufklären und als Fake entlarven lassen müssen, um halbwegs glaubwürdig zu bleiben. Überhaupt gefällt mir seine Russlandpolitik und sein Umgang mit Putin nicht. Ja, Entspannungspolitik sieht ganz anders aus.
d) Der Militäretat der Vereinigten Staaten übersteigt sowieso schon jedes erdenkliche Maß. Das geben Europa, China, Russland, Australien und Südamerika zusammen nicht aus für Rüstung, was die USA ausgeben. Und er erhöht die Ausgaben noch. Wozu soll das gut sein, als dafür, die Welt mit weiteren Kriegen "im Namen der Gerechtigkeit und Freiheit" zu überziehen? Und damit Flüchtlingsströme zu erzeugen, von denen man selbst aber sehr gut in der "splendid isolation" durch zwei riesige Ozeane abgeschirmt ist. Die Flüchtlinge, die durch die Kriege der USA entstehen, wollen nicht in die USA. Die wollen zu uns. Und es ist keine Tendenz zu erkennen, dass der ohnehin schon übermäßig große, um nicht zu sagen irrsinnige Militäretat der Vereinigten Staaten unter Trump auf einen angemessen Umfang heruntergefahren wird. Das ganz genaue Gegenteil ist der Fall.
e) Der Mann sollte dringend, wirklich ganz und äußerst dringend, das Twittern lassen. Ich habe echt Angst, dass uns demnächst alles um die Ohren fliegt, weil dieser Typ seine Griffel auf Twitter nicht stillhalten kann. Man sollte die Diplomatie den Diplomaten überlassen. Das hat nämlich Gründe, dass nicht jedermann Diplomat werden oder sein kann, wirklich. Und der geeignete Kanal für Diplomatie ist auch nicht Twitter, ganz und gar nicht.
Nein, ich finde nicht, dass er seine Wahlversprechen außenpolitisch gesehen auch nur annähernd erfüllt hat, gebe gleichzeitig aber auch zu, dass mir die amerikanischer Innenpolitik relativ egal ist. Das mit dem Einhalten der Versprechungen habe ich aber auch nicht anders erwartet. Welcher Politiker tut das heutzutage schon? Und von Müntefering gibt es ein inzwischen klassisches Zitat, welches besagt, dass es sogar "unfair" sei, Politiker an ihren Wahlverprechungen zu messen. Ich war bisher auch immer einer, der gesagt hat, dass man ihm Zeit geben muss, um sich zu bewähren. Vorverurteilungen helfen nur ganz selten weiter.
Aber langsam sollte halt außenpolitisch dann auch dieses versprochene "Heraushalten" auch geliefert werden. Das, was bisher geliefert wurde, ist das genaue Gegenteil davon. Es ist nämlich "sich ohne Grund einmischen in Dinge, die die USA nichts angehen" und "ohne Grund auf dem Gelände einer Tankstelle zündeln".
Es ist übrigens auch kein Zufall, dass da zweimal "ohne Grund" steht im vorigen Absatz. Ja, ein Grund ist tatsächlich nur sehr schwer ausfindig zu machen. Nur mit der zusätzlichen Information des jede vernünftige Raison übersteigenden Rüstungsetats ergibt das einen Sinn. Allerdings einen moralisch äußerst zweifelhaften, eigennützigen und rücksichtslosen, einen skrupellosen Sinn. Weil das nämlich die heißesten Ecken der Welt sind, an denen Trump da "ohne Grund" herumzündelt.
Es macht mir mittlerweile große Sorgen, dass er außenpolitisch wirkt wie ein Dreijähriger, der inmitten von Benzinkanistern und Dynamitstangen sitzt und mit einer Schachtel voller Streichhölzer hantiert. Vermutlich halten ihn nur seine Berater relativ mühsam von noch größerem Unsinn ab. Die Frage ist halt, ob diese Berater auch 24 Stunden am Tag wach sind, denn er selbst schläft ja nicht viel, wie man dem Twitter entnehmen kann.
Ich gllaube, er hält das alles für ein großes Spiel, das man gewinnen kann. So wie wenn man beim Monopoly gewinnt. Dass das ein Spiel ist, bei dem alle Beteiligten nur verlieren können, wenn man seine Einsätze auf die falschen Felder des Spielfelds platziert, wenn man sich überhaupt nur in das Geschehen dort einmischt, das hat er nicht kapiert. Er geht da mit dieser Weltpolizistenmentalität ran, die schon immer eine Nummer zu groß für die USA war, jeglicher Grundlage entbehrt und sehr gefährlich für alle, auch "Unbeteiligte" werden kann. Er ist sehr naiv darin und gleichzeitig aber völlig von sich und seiner Nation überzeugt. Er glaubt an so etwas wie eine "universelle Gültigkeit der amerikanischen Doktrin". Etwas, das außerhalb jeder Diskussion steht, und überall und zu jeder Zeit gelten sollte. Etwas wie ein religiöses Dogma, das dann auch gar nicht näher begründet werden muss.
Nicht umsonst betreiben die Vereinigten Staaten ja mehr oder weniger offen "Geopolitik" bzw. "Geostrategie". Und worum es dabei geht, ist ganz klar die Sicherung bzw. der Ausbau der weltweiten amerikanischen Vorherrschaft. Es geht aber dabei nicht darum, "die Weltherrschaft zu erlangen" wie in irgendwelchen James-Bond-Filmen. Es geht auch nicht darum, Gebiete zu erobern, wie in althergebrachten Kriegen. Nein, es genügt, wenn überall auf der Welt ein repräsentativ-demokratisch-kapitalistisches System installiert ist. Dann ist das Ziel erreicht. Und deshalb stören Staaten wie Nordkorea oder Kuba oder auch Venezuela da auch so ungemein. Da sind nämlich nach dieser Ideologie die letzten verbliebenen Feinde, die man jetzt noch besiegen muss. "Auf in den Kampf, denn der Endsieg ist zum Greifen nahe!", so ungefähr.
Die Ideologie, die dahintersteht ist also unzweifelhaft expansiv und aggressiv. Es gibt ganz klare Ziele dahinter, und diese werden mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln durchgesetzt. Die Frage ist nur, mit welchen, bzw. ob und wann genau welche Mittel zur Anwendung kommen. Alles, was technisch möglich ist und was man für Geld kaufen kann, hat man jedenfalls zur Verfügung, und zwar um Größenordnungen mehr davon als jeder denkbare Gegner. Prinzipiell ist es den treibenden Kräften dahinter aber lieber, wenn alles mehr unter der Hand und ohne allzu großes Blutvergießen abläuft. In der Ukraine* z.B., das lief nach einer kleinen Intervention und fast ebenso kleinen Anschubfinanzierung wie am Schnürchen. Die Ukraine war praktisch ein Sebstläufer. So wünscht man sich das.
Trump ist außerdem so impulsiv wie keiner anderer amerikanische Präsident der letzten hundert Jahre. Zusätzlich gibt ihm die Massenkommunikation die Möglichkeit, jeden impulsiven Gedanken sofort weltweit zu verbreiten. Eine hundsgefährliche Mischung ist das, wenn ihr mich fragt.
Ich habe mir mehr versprochen... Ach was, gar nichts habe ich mir von Trump versprochen. Bernie Sanders wär's gewesen, der das Steuer herumreißen hätte können. Mit Hillary Clinton säßen wir jetzt da und würden über das Gleiche lamentieren. Die Frau wäre nur das Selbe in grün. Es war eine Wahl zwischen Pest und Cholera, und die einzige Alternative wurde frühzeitig im Wahlkampf rausgekickt. Die Clinton war das übrigens, die getreten hat, nicht der Trump.
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* Nein, ausnahmsweise nicht die Krim. Sondern die Ukraine selbst und ihre internationale Ausrichtung.