(27.11.2017, 18:34)PuK schrieb: Man hat sich früher auch weniger darum gekümmert, und die "Anderen" waren irgendwie einfacher. Wir waren in der Grundschule 32 Kinder, glaube ich. Die meisten davon "biodeutsch", auch weil man ihnen nicht unbedingt und mit allen Mitteln jedem einen "Migrationshintergrund" andichten wollte damals.
Wir hatten z.B. (weiß nicht, ob man das Wort "Mulatten" noch in den Mund nehmen darf) zwei Kinder von einem schwarzen US-Soldaten, der seine Verlobte mit den Zwillingen (Jungs) im Stich gelassen und sich in die USA abgesetzt hat. Außerdem hatten wir noch einen Halbperser. (Man nannte damals die Iraner bekanntlich "Perser".)
Was soll ich sagen... Ja mei. Die halbschwarzen Zwillinge waren schon irgendwie auffällig. Die haben bei den Indianerspielen auf dem Pausenhof z.B. manchmal übertrieben. Irgendwann nach fünf Minuten merkte der Lehrer, dass einer fehlte. Und dann fragte er nach, wo der fehlende Schüler denn sein könnte. Und dann haben sie aber auch sofort gesagt, dass der noch draußen auf dem Pausenhof "an den Marterpfahl gefesselt" ist, und dass sie das waren. Also immer noch reichlich harmlos, ein Indianerspiel, nur eben ein bisschen aus dem Ruder gelaufen. Der halbe "Perser" dagegen war total unauffällig. Der hat jetzt einen Hausmeisterservice und züchtet Sittiche und Papageien.
Mir wurde mal an den Kopf geworfen, ich hätte auch einen Migrationshintergrund. Ich habe einen guten Moment überlegt, kam aber nicht darauf, was die Frau meint. Nun ja, meinte sie, auf Nachfrage. Mein Vater sei zusammen mit meiner Großmutter 1946 aus der Tschechei vertrieben worden, und deshalb hätte ich einen Migrationshintergrund.
Da gibt es noch viel mehr dazu zu sagen. Mein Vater wehrte sich z.B. in den 1960ern beim Einwohneramt gegen den Eintrag "Flüchting". Das war aber ganz und gar keine Flucht. Ganz im Gegenteil. Die wollten dort bleiben, unbedingt, aber gegen vorgehaltene Gewehre und Bajonette, mit denen sie sie in Viehwaggons trieben, hatten sie natürlich keine Chance. Er wollte den Eintrag "Heimatvertriebener". Ich finde das vernünftig. War aber damals nicht zu haben auf deutschen Ämtern. Egal, wie es war, man war immer "geflüchtet".
Und mir, der ich 1971 in einer südbayerischen Kreisstadt geboren bin, deshalb einen "Migrationshintergrund" anzudichten, ist einfach verlogen. Ich war schon immer hier, so lange es mich gibt (zwischendurch natürlich auch mal woanders). Und mein Vater hatte immer die deutsche Staatsangehörigkeit, und das ist eben der Unterschied zu den heutigen "Flüchtlingen". Das ursprüngliche Asylrecht (Linke und Grüne jetzt bitte setzen und festhalten), war ja auch nur für Deutsche gedacht. Es war ganz ausdrücklich nur von Deutschen die Rede im ursprünglichen Art.16 GG, und gemeint waren die Deutschen in den ehemaligen Ostgebieten. Eigentlich ist das kein verfassungsgemäßes "Menschenrecht", sondern ein "Bürgerrecht". Man hat es einmal ausgeweitet. Es spricht aber recht wenig dagegen, das auch wieder rückgängig zu machen, weil das unter den heutigen Verhältnissen so nicht mehr haltbar ist.
Ich ziehe jetzt mal keine öffentlichen Schlussfolgerungen daraus. Das darf jeder gerne für sich selbst machen.
Fest steht: Wenn wir nur lange genug zurückgehen in der Vergangenheit, dann haben wir alle einen Migrationshintergrund. Ich akzeptiere das für mich persönlich aber nur, wenn ich damals schon auf der Welt oder wenigstens schon gezeugt war. Was meine Eltern vor meiner Geburt oder maximal meiner Zeugung gemacht haben, und wo sie damals waren, betrifft mich nur insofern, als dass sie sich irgendwann genau zum richtigen Zeitpunkt zusammengefunden haben und wo sie sich dann entschieden haben, sich niederzulassen. Und das halt nun mal hier und nicht woanders. Und klar, ich einige Male raus- und reinmigriert inzischen, aber das ergibt noch lange keinen "Migrationshintergrund". Es kommt auf den Ausgangspunkt und den Rückkehrwillen dorthin an.
Ja, so einen Kumpel hatte ich auch in der Klasse, der Vater war US-Soldat, die Mutter Deutsche. Er durfte im "PX" steuerfrei einkaufen, da war ich schon immer etwas neidisch. Damals hatten die auch schon Mountainbikes, da fuhr unsereiner noch mit dem Dreigang-Felgenbremse-Nachkriegsmodell durch die Gegend.
Natürlich hat jeder einen Migrationshintergrund, wenn man nur lange genug zurückgeht. Meine Vorfahren z. B. sind Franzosen und das ist erst drei Generationen her. Aber solche Migranten, so wie auch die ganzen Heimatvertriebenen und "Russlanddeutschen" waren eine ganz andere Qualität. Die wollten sich anpassen, etwas erreichen und als Einheimische wahrgenommen werden. Das wollen die neuen Flüchtlinge mehrheitlich nicht. Diese wollen eine Vermischung von Politik und Religion und lehnen die offene westliche Art zu leben offen oder versteckt ab. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel. Insbesondere "echte" Asylberechtigte, Verfolgte, Dissidenten, kritische Journalisten usw., aber das ist quantitativ der berühmte Tropfen auf den heißen Stein.
Martin