(01.11.2016, 23:06)Manni Burgsmüller schrieb: [ -> ]Das ist einer meiner Lieblingsfilme, wie ich alle von Stanley Kubrick mag.
Würde mich freuen, wenn Sie die längere Fassung gesehen haben, darüber berichten, ob diese besser ist, oder das Ganze verwässert.
Dieser Regisseur war ein genialer Mann, der das Böse in den Menschen erkannte, die Abgründe, die in jedem von uns schlummern. Diese macht er in seinen Filmen sichtbar, unermessliche Tragik ist sein Programm, perfekt bebildert. Unendlich schade, dass er schon tot ist.
Naja, wirklich
alle seine Filme zu mögen, würde ich von mir nicht unbedingt behaupten. Auch, weil ich sie noch gar nicht alle gesehen habe. "Lolita" und "Eyes Wide Shut" z.B. fehlen mir noch. Er war aber einer der fähigsten Regisseure, die Hollywood zu bieten hatte, so viel steht fest.
"Dr. Strangelove or How I Learned to Love the Bomb", "A Clockwork Orange" und natürlich "The Shining" gehören zur Kategorie seiner sehr guten und luziden Filme über böse, verrückte Menschen.
Manchmal war er aber auch so genial, dass er sich selbst im Weg stand. "2001 - A Space Odyssey" hat zwar zweifellos wunderbare Bilder, heute noch überzeugende Effekte, eine absolut psychedelische Sequenz am Ende (die rasende Fahrt durch das "Farbtunnel") und anders als die völlig unnötige Fortsetzung "2010: The Year we make Contact" (mit der Kubrick aber nichts zu tun hat) erfreulicherweise kaum Dialoge. Nur... den tieferen Sinn dieses Films versteht kein Mensch, obwohl er ganz stark den Eindruck macht, er habe einen.
Ja, es geht irgendwie um die Menschheit an sich, um die Entwicklung der Intelligenz, um Waffen oder Zerstörung als treibende Kraft der Entwicklung (die Sequenz am Anfang mit den Primaten, von denen einer, nachdem über Nacht der Monolith da war, mit einem Knochen einen Schädel zertrümmert). Aber was soll das mit dem schwarzen Monolithen nicht menschlichen Ursprungs, der an mehreren Orten unerklärlicherweise vorhanden ist? Ist das ein Symbol dafür, dass Außerirdische auf der Erde und auf dem Mond waren und dort Intelligenz und schwarze Steinquader zurückgelassen haben? Warum zum Teufel sollten sie das tun und was haben sie davon? Was soll das mit dem Zimmer, das sich in einer Art Rokokoschlösschen befinden könnte, und in dem Bowman eine ältere Version von sich selbst vorfindet, am Ende?
Ein paar Erklärungen im Film hätten ihm nicht geschadet, denn was seit fast 50 Jahren an Interpretationen entwickelt wurde, überzeugt mich alles nicht recht. Vielleicht ist es ja tatsächlich nur ein Film ohne echten Handlungsfaden, der von Erzählfragment zu Erzählfragment springt, in Form eines Episodenfilms. Nicht im abwertenden Sinn gemeint, sondern so ähnlich wie der Roman "Ulysses" von James Joyce keine "Handlung" hat. Weil der Anspruch von Joyce nicht war, eine Geschichte zu erzählen, sondern eine Stadt (Dublin) so zu beschreiben, dass man sie anhand des Buchs wieder rekonstruieren könnte, falls sie zerstört würde.
Nur,
was "2001" in diesem Fall beschreiben will, ist mir eben leider nicht klar. Vielleicht das, was den Menschen ausmacht, und wie könnte man das anders,
möglicherweise, und zwar
sehr möglicherweise, darstellen als in episodischen Fragmenten. "Ganzheitliche" Erklärungsversuche oder gar Versuche, das metaphorisch in eine Geschichte, die einen Spielfilm trägt, zu packen, können da nur in die Irre führen.
Aber ja, natürlich hat der Film trotzdem was. Sonst würde man ja nicht selber rumgrübeln, wo der Sinn stecken könnte. Es gibt auch wirklich schlechte Filme, die so wirr sind, dass man sie nicht versteht. Aber über die denkt man nicht weiter nach, die hakt man einfach ab und vergisst sie wieder.
Ja, klar kann ich ein paar Sätze an dieser Stelle über die Langfassung von "The Shining" verlieren, wenn ich sie gesehen habe. Jetzt hat sie erst mal eine Woche Lieferzeit.
Ich spiele übrigens mit dem Gedanken, mir einen Zusammenschnitt herzustellen. Das wird zwar etwas Arbeit sein, auch weil die eine DVD NTSC und die andere PAL ist, und man eine davon umcodieren muss, um das zusammenschneiden zu können, aber es sollte gehen. Offenbar wurden nur Szenen herausgeschnitten, die man dann aus der ungeschnittenen Fassung wieder hineinschneiden kann. Das müsste in dem Fall klappen, auch wenn es natürlich für die fehlenden Szenen keine deutsche Synchronisation gibt. Aber da kann man ja die Tonspur im Original lassen und Untertitel drunter schreiben.
Ich hab übrigens mal versucht, bei Dario Argentos "Opera" ("Terror in der Oper") genau das zu machen, vor 20 Jahren, noch mit analogem Videotape. Es gibt von dem Film eine ziemlich kurze deutsche Fassung und natürlich eine italienische Originalfassung, die viel länger ist, diese aber nur auf Italienisch. Und ich hatte die gerade beide rumliegen auf VHS.
Das ging nur leider in dem Fall nicht. Argento wusste schon beim Drehen, dass er die ungeschnittene Fassung nicht durch die deutsche FSK bringt ohne sinnentstellende Schnitte, auch nicht "ab 18". Deshalb hat er in weiser Voraussicht Alternativversionen von Szenen gedreht und den Film auch umgeschnitten. "Umgeschnitten" in dem Sinn, dass Handlungsstränge früher oder später einsetzen, oder in jeder Version Handlungsstränge der anderen Version ganz fehlen. Das führt also ins völlige Chaos, wenn man sich nicht vorher einen genauen Plan macht, wie die Endfassung aussehen soll.
Und eine "vollständige" Fassung ist gar nicht sinnvoll möglich, weil dann so etwas wie ein Paralleluniversum entstünde. Man sieht eine Szene, und dann sieht man nochmal die Alternativversion der Szene. Das wäre vielleicht etwas für einen Filmwissenschaftler, aber "ansehen" kann man sich das nicht.
Ich hab' das Projekt dann abgebrochen, weil der Film
so gut dann doch wieder nicht ist, dass man sich deshalb in ein Projekt von mehreren Wochenenden stürzen muss.