28.05.2019, 10:58
(28.05.2019, 09:30)PuK schrieb: Stell mich halt bitte nicht für blöder hin als ich bin. Ich habe in dem Post, auf den du dich beziehst, ganz genau und bewusst zwischen "Wahl" und "Abstimmung" unterschieden. Natürlich drehte sich die Abstimmung nur um ein ganz bestimmtes Thema und die Wahl um den ganzen Themenkomplex. Aber beides hängt eng miteinander zusammen, schon in der Weise, dass die Wahl gar nicht stattgefunden hätte, wenn man bei der Umsetzung des Ergebnisses der Abstimmung nicht ewig herumlaviert hätte.
Ich sehe auch nicht, inwiefern mehr "Information" großartig etwas an der Einstellung der Briten zur EU ändern sollte. Die EU ist (nicht nur dort) ein Thema, das auch viel mit dem Bauchgefühl zu tun hat, nicht nur mit dem Kopf. Und die Frage war ganz einfach: Wollt ihr in der EU bleiben oder nicht? Und das Volk hat nein gesagt. Das sollte man respektieren, aus welchen Gründen auch immer die Mehrheit der Briten zu diesem Ergebnis gekommen ist. Man kann sich Abstimmungen nämlich sparen, wenn man bei unerwünschten Ergebnissen so lange abstimmen lässt, bis der Regierung das Ergebnis passt.
So ganz scheint bei vielen Regierungen (unsere nicht ausgenommen) noch nicht angekommen zu sein, dass sie (nur) die Exekutive sind und nicht absolutistische Herrscher. "Exekutive" heißt auf Deutsch "ausführende Gewalt". Ihnen wird also vom Volk Macht verliehen, aber nur zu dem Zweck, den Willen des Volkes auszuführen. Und zwar wortwörtlich "verliehen". Das Volk als eigentlicher Souverän leiht der Regierung für eine bestimmte Zeit die Macht.
Im Prinzip haben demokratische Regierungen gar keinen eigenen Willen zu haben, sondern ihr Handeln muss allein darauf ausgerichtet sein, die Vorstellungen des Volkes umzusetzen. Und nur ganz selten (bei uns überhaupt nicht) ist dieser Volkswille so unzweideutig dokumentiert wie bei einer Volksabstimmung, in der es einzig und allein um die Frage "should I stay oder I go?" ging. Das Volk hat sich für "go" entschieden und das ist eine ganz klare Handlungsanweisung an die Regierung. Klarer geht's gar nicht.
Ich sehe auch nicht, warum die Briten gehindert wären, alte Verträge, die formal außerhalb des EU-Systems, aber mit den übrigen EU-Staaten geschlossen wurden, in den Papiercontainer zu schmeißen und neue Abkommen zu schließen. Jeder Vertrag ist kündbar. Notfalls einfach dadurch, dass man ganz was anderes macht als da drinsteht. Das sieht man ja an Trump, wie er mit dem Atomabkommen mit dem Iran oder mit Abrüstungsvereinbarungen mit Russland umgeht. Der hält sich einfach nicht mehr dran. Was wollen die EU-Staaten denn machen, wenn die Briten erklären, sie betrachten sämtliche europäischen Zoll- und Handelsabkommen als hinfällig? Ihnen den Krieg erklären? Ich wäre da vorsichtig, denn die haben Atomwaffen.
Stell doch bitte die Briten nicht als blöder hin als sie sind. Und interpretiere nicht deine eigene Sicht auf Europa in sie hinein. Ja genau, eine Bauchentscheidung - und das hältst du für die richtige Form von Demokratieausübung? Fragt gar nicht was das bedeutet, was es für Folgen haben könnte, lasst einfach euren Befindlichkeiten freien Lauf. Und wenn's hart auf hart kommt, halten wir uns einfach nicht an Verträge.
Und zur Not, seid ihr für einen Sezessionskrieg. JAAAA- Hurra! So vernunftbegabt sind nämlich Völker. Und weil unser kluges GG das wusste, hat es keine Volksabstimmungen auf Bundesebene vorgesehen. Wie weise.
Und nochmal - inzwischen belegt - DAS VOLK wurde außerdem noch belogen und mit falschen Zahlen geködert. Auch das Drama um den Brexit dürfte DEM VOLK inzwischen klar machen, dass es - so man nur noch ein leidlich anständiger Staat sein möchte, der sich nicht einfach aus der Verantwortung stiehlt, eben nicht so einfach ist, ist sich im beiderseitigen Einvernehmen auseinander zu dividieren. Die Sicht wir bleiben bei den Vorteilen der EU und lassen die Nachteile zurück ist zwar eine vermeintlich einleuchtende - aber das muss der Partner natürlich nicht mitmachen.
Wie toll Trumps Politik funktioniert kann man ja beobachten. Die Folgen wird er vermutlich nicht mehr ausbaden müssen, aber dann der Nachfolger.