27.02.2019, 23:38
(27.02.2019, 23:11)leopold schrieb: Haben Sie den gesamten Kommentar nicht gelesen? Solch komplexe und für den Normalbürger in ihren Konsequenzen nicht überschaubare Entscheidungen wie den Brexit kann man nicht auf ein Ja oder Nein reduzieren. Die meisten Briten haben letztlich doch gar nicht gewusst, worüber sie abstimmen. Für solche Richtungsentscheidungen gibt es in parlamentarischen Demokratien die Volksvertreter. Warum fragt man die Briten wohl heute nicht, welche Art von Brexit sie denn gerne wollen? Weil es darauf tausend Antworten gäbe.
Jetzt ist das Kind in den Brunnen gefallen und die EU muss aufpassen, dass sie sich nicht in das Chaos auf der Insel reinziehen lässt. Leider muss man mittlerweile sagen, dass die EU ohne diesen zerstrittenen Haufen besser dran ist.
Doch, natürlich habe ich das getan. Wüsste ich denn sonst, dass er von Herrn Finke ist? Das steht nämlich erst ganz unten.
Aber nix für ungut. Wir haben da einfach ganz unterschiedliche Ansichten, bei dem Thema scheiden sich die Geister.
Ich wollte darauf hinaus, dass es in einer direkten Demokratie, die Volksentscheide auf Landesebene (bei uns: Bundesebene) ermöglicht, auf das ankommt, was das Volk will. Und wenn es raus will aus der EU, dann ist das halt so und die Regierung muss damit fertig werden.
Es gibt mehr oder weniger gute Gründe sowohl für das eine wie für das andere. Also für oder gegen direkte Demokratie. Bei uns hat man sich halt 1949 für die indirekte Form entschieden. Und das englische System ist ziemlich undurchsichtig mit seiner Mischung aus Monarchie und direkter Demokratie. Es gibt also einen König oder eine Königin, die Kraft Erbes Staatsoberhaupt ist, dann gibt es noch das "Oberhaus" (House of Lords) in das, so viel ich weiß, die Abgeordneten nicht gewählt, sondern durch die Königin berufen werden (entspricht ungefähr dem Bundesrat bei uns, ist aber nicht das selbe, weil nicht demokratisch berufen, nicht mal indirekt). Und dann gibt es noch das Unterhaus, in dem "der Punk abgeht", wie wir früher so leichthin sagten. Nur das wird vom Volk gewählt, und das ist die parlamentarische Vertretung des Volkes.
Und dann gibt es eben dort, im Unterschied zu den Verhältnissen bei uns, auch noch den Volksentscheid. Und der ist dann bindend für die Regierung. Der ist nämlich das direkteste Mittel, den Willen des Volkes klar auszudrücken.
Die Frage wäre nur, ob man ihn wirklich auf Ja/Nein-Fragen reduzieren muss. Oder ob man nicht auch verschiedene Versionen eines Brexits zum Entscheid stellen könnte.
Aber vielleicht wäre der Wähler damit weit überfordert. Also, wenn ich mir das hier ansehe, wer hier so alles wählen darf, dann wären bei einem Volksentscheid mit mehreren Alternativen die meisten Leute überfordert und vermutlich würde dann die Version Gesetz, die sich die meiste Werbung leisten kann. Das ist aber nicht der Sinn der Sache.
Demokratie ist zwar die beste denkbare Staatsform. Aber sie ist höchst kompliziert und alles andere als unproblematisch.
Und die Frage in England wäre sowieso, ob man bei einem Volksentscheid dann auch das Mehrheitswahlprinzip anwendet. Denn, was tut man tut man dann, wenn
33 % für A stimmen
33 % für B
imd die restlichen 34 % für C?
Hat dann C "gewonnen"? Eigentlich nicht, zumindest in England nicht, wenn man das so macht, wie Wahlen dort ablaufen. Denn C hat zwar die Mehrheit, aber nicht die absolute Mehrheit der Stimmen gekriegt. (Und ja, ich kenne den Unterschied zwischen Volksentscheiden und Wahlen. Ich versuche nur, das aus der englischen Sicht zu betrachten.)
Der langen Rede kurzer Sinn: Sie müssen das Problem, was auch immer es im konkreten Fall ist, bei einem Volksentscheid immer auf eine schlichte Ja/Nein-Frage reduzieren. Sonst funktioniert das nicht.