(15.05.2017, 18:31)leopold schrieb: Dann habe ich mich wohl getäuscht. :D Es freut mich, dass Sie unser gut funktionierendes kapitalistisches Wirtschaftssystem nicht abschaffen wollen. Ich war auch immer der Meinung, dass Reformen nur innerhalb dieses Systems möglich und sinnvoll sind. Wahrscheinlich sind Sie Frau Wagenknecht gefolgt, die neuerdings als Marktradikale auftritt:
Die Marktradikale
Sie könnten sich erneut getäuscht haben. Sowohl in mir als auch in dem von Ihnen mit gieriger Schadenfreude aufgenommenen Artikel in der FAZ.
Sie könnten solche Enttäuschungen in Zukunft leicht vermeiden, wenn Sie davon Abstand nehmen würden, Leute in mit nur einem einzigen Schlagwort beschriftete Schubladen, die ihrem eineinhalbdimensionalen Bild von Gesellschaft und Politik entspringen, zu stecken.
Die Darstellung - ein Portrait ist was anderes - von S.W. soll ja nichts anderes bewirken als deutlich zu machen, dass ihr Wandel im Laufe der Zeit aus opportunistischen Gründen erfolgt sein soll (aber das müsste Ihnen doch eigentlich liegen!). Was natürlich eine bösartige Unterstellung ist. Sie hat sich in den Jahrzehnten ihres Lebens geändert, ohne ihre Überzeugungen zu verraten, etwas, was eigentlich normal ist. Hätte sie es nicht getan, würden Leute wie Sie sie immer noch Stalinistin schimpfen. Manche tun es ja trotzdem noch. Das Schlagwort von den Altkommunisten, gell!?
Ein Beispiel für diese unsachliche und einseitige Darstellung, die auf ein bisschen Wahrheit, etwas mehr Halbwahrheiten und ansonsten hämischen Spitzen besteht:
"Ein Studium blieb der Einzelgängerin in der DDR verwehrt, weil sie sich dem sozialistischen Kollektiv verweigerte."
Und warum verweigerte sie sich?
Sie wollte und konnte nicht an der in den Schulen üblichen militärischen Ausbildung teilnehmen.
Das wäre erhellender und ehrlicher gewesen. Denn diese pazifistische Einstellung ist ihr bis heute geblieben.
Ein anderes Beispiel für diese subjektive und alles andere als authentische Darstellungsweise ist die ausschließlich in indirekter Rede, also mit sinngemäßen Zitaten, wiedergegebene angebliche Anfälligkeit von S.W. für dünkelhaftes bis luxuriöses Leben. Was sich im Original von S.W. schon ziemlich anders liest. Und es setzt sich fort in den kaum verborgenen hämischen Sticheleien gegen ihren Ehemann und Mentor Oskar Lafontaine, was natürlich vor allem S.W. selbst treffen soll.
A propos Ehepartner. Analog zur Goldene-Blatt-mäßigen Begeisterung unserer Qualitätsmedien für das romantischüberhöhte Zwei-Generationen-Traumpaar Macron könnte ja auch mal ein unbotmäßiger Journalist auf die Idee kommen, das Ehepaar Lafontaine-Wagenknecht, das immerhin auch das Profil +25 Jahre erfüllt, aus einer wenigstens wohlwollenden Sicht darzustellen. Könnte, tut aber keiner, denn er würde dann von den Leitmedien unisono virtuell geteert und geschreddert werden. Bei Linken tut man das nicht, die sind doch genauso undemokratisch wie die AfD. Ja, so ist es, in den Wahlsendungen von ARD und ZDF zeigte es sich wieder mal, da wurde die Linke in den Interviews wiederholt in das schlechte undemokratische Töpfchen zur AfD geworfen, ohne Widerspruch von den Moderatoren, und von den konservativen, "sozialdemokratischen", liberalen und grünen Parteivertretern sowieso nicht. Wo blieb da der ARD-Faktenfinder?
Wobei ich mir noch eine ganz kleine Anmerkung zu Mme Macron erlauben möchte. Sie ist nicht die nette kleine Französischlehrerin, in die sich der damals schon vielversprechende Wunderknabe Emmanuel verliebt hat. Sie entstammt einer wohlhabenden großbürgerlichen Familie, genauer gesagt einer Schokoladendynastie. Das sieht man ihr auch an (und das meine ich im Guten wie im Schlechten). Wer sich mit Mitgleidern des französischen Großbürgertums, vor allem aus Provinzstädten, etwas auskennt, weiß, was ich damit meine.