01.12.2016, 11:23
(01.12.2016, 10:40)Klartexter schrieb: Na ja, Martin, die von Ihnen genannten Personen scheuen sich aber nicht, genau die "Segnungen" der aktuellen Politik in Anspruch zu nehmen, obwohl sie doch offiziell genau diese Politik bekämpfen. Mit Populismus gewinnt man schnell die Stimmen der Unzufriedenen und derer, die es "denen da oben" mal zeigen wollen. Fakt ist aber, dass sich Politik nicht an Einzelinteressen ausrichten kann, auch wenn das natürlich mitunter geschieht. Es wird immer Leute geben, denen die Politik der Regierung nicht gefällt, nur haben mich bisher alle neuen Heilsbringer in keiner Weise davon überzeugen können, die besseren Konzepte zu haben.
Welche "Segnungen der aktuellen Politik" nehmen sie denn in Anspruch?
Und schon wieder fällt die Verbalkeule "Populismus". Man hat den Eindruck, das alles, was den Regierenden und den Leitmedien (die mit ihnen leider fast ungebrochen auf einer Linie liegen) nicht genehm ist oder gar gefährlich anmutet, als Populismus verächtlich abgetan wird. Naaatüüürlich gibt es nur links und rechts einen Populismus, einen der Mitte gibt es nicht. Also auch keinen Regierungspopulismus. Sowieso nicht.
So wird es dem "mündigen Bürger" wenigstens weisgemacht. Dabei stammen zwei Hauptparolen des Populismus - also des Politikstils, der den "gesunden Menschenverstand", das Gefühl, das moralische Empfinden des "einfachen Volkes" ansprechen soll - exakt aus der Mitte unseres Staates, genauer gesagt aus der Regierungspartei CDU, und das auch noch in den letzten beiden Jahren.
Zuerst Schäubles "Die schwarze Null steht". Es gibt weder Gesetze noch Erfahrungen, die eine Neuverschuldung des Staates zu bestimmten Zwecken verbieten. Eher das Gegenteil ist der Fall. Die "schwarze Null" ist also keineswegs "alternativlos" (auch so eine populistische Wortschöpfung, die jeder Kritik von vornherein den Wind aus den Segeln nehmen soll). Aber die Parole von der "schwarzen Null" wirkt auf die Wähler beruhigend, seriös. Da spart einer, erliegt nicht der Verschwendungssucht, da hat einer die Hand auf dem Geld, das letztlich von allen Bürgern herkommt. Der Mann verdient Vertrauen, der meint es gut mit uns. Die Frage, ob Schäubles Austeritäts-Politik unangebracht, wenig sinnvoll ist, soll gar nicht mehr auftauchen - und tut es auch fast nicht.
Dann Merkels "Wir schaffen das". Eine noch krassere populistische Parole. Das Volk soll sediert werden, es soll zusammenhalten, der Landesmutter brav folgen, ihr vertrauen. Sie weiß es besser, sie nimmt uns mit, sie sorgt für uns. Auch wenn sich der Sinn dieser Parole nicht wirklich erschließt, denn erklärt und gar begründet begründet wird nichts. Höchstens mit "alternativlos", wieder einmal. Appell an Gefühle und Emotionen. Probleme, Anforderungen, Gefahren - kein Wort darüber, oder nur wenige, die die Tragweite der mit der Flüchtlingspolitik verbundenen Probleme verschleiern oder herabspielen.
Die Politiker sollten aufhören, alles, was stört und bzw. ihre Position und Macht gefährdet, als Populismus abzutun. Die sollten sich mal in kritischer Weise mit selbst befassen, es tun und nicht bloß immer darüber reden, dass man es tun müsse.