19.01.2019, 15:48
(17.01.2019, 20:31)leopold schrieb: Die Arbeitslosenhilfe war maßgeschneidert für jemand, der gut verdient hatte, sich aber spätestens mit Ende 40 auf Kosten der Staatskasse zur Ruhe setzen wollte.
Mit gut 50% des letzten Nettogehalts und ordentlichen Zuverdienstmöglichkeiten ließ es sich nämlich gut leben, wenn man sein Vermögen außer Reichweite der Behörden gebracht hatte (was damals kein Problem war). Dass die Hartz-Gesetze manchem die Lebensplanung durcheinander brachten, kann ich gut verstehen.
Im Jahr 2000 bekamen 1,5 Millionen Menschen Arbeitslosenhilfe und das kostete den Staat damals bereits 21 Milliarden Euro pro Jahr. Tendenz steigend. Dass damit ein Ende gemacht werden musste, war offensichtlich.
Der durchschnittliche Zahlbetrag für die Arbeitslosenhilfe betrug Anfang der 2000er Jahre ca. 500 Euro mtl. + evtl. Wohngeld (keine volle Mietübernahme!).
Meinen Sie wirklich die Mehrheit der Betroffenen konnte damit gut leben? Ihr Beispiel mit dem 50-jährigen Ingenieur ist die absolute Ausnahme. Auch wenn dieser 2500 Euro mtl. netto verdient hat, war es nicht leicht mit 1250 Euro viele Jahre lang bis zur Rente zurecht zu kommen. Übrigens gab es auch bei der ALHi eine Höchstgrenze.
Außerdem wurde das Partnereinkommen und natürlich das Vermögen (!) zum Großteil mit angerechnet und Nebenverdienste waren mit 160 € anrechnungsfrei.
Die 21 Mrd. Kosten bzw. 25 Mrd. (s. unten) im Jahr 2000 waren noch DM! Ganz klar ist, dass es keinerlei Ersparnis gab durch die Umstellung, im Gegenteil, die Kosten sind insgesamt heute weit höher, auch unter Einbeziehung der ehemaligen erwerbsfähigen Sozialehilfeempfänger. Das waren nämlich nur 700.000.
Hintergrund
Zitat:Arbeitslosenhilfe bekommt, wer auch nach Ablauf der Arbeitslosengeldzahlung noch keine Arbeit hat oder überhaupt keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld erreichen konnte, weil er nicht lang genug versicherungspflichtig gearbeitet hat. Vor der Gewährung von Arbeitslosenhilfe wird allerdings die Bedürftigkeit geprüft: Das Arbeitsamt nimmt das Einkommen des Partners, sonstige Vermögen des Arbeitslosen und Unterhaltsansprüche gegenüber Dritten unter die Lupe. Je nach Ergebnis fällt die Höhe der Leistung aus. Sie liegt maximal bei 57 Prozent des früheren, pauschalierten Nettolohns, bei Kinderlosen sind es 53 Prozent. Jährlich wird die Leistung um drei Prozent gekürzt bis sie einen festgelegten Mindestsatz erreicht hat. Der Betrag wird bis zum 65. Lebensjahr gezahlt. Knapp 1,5 Millionen Menschen in Deutschland bekommen Arbeitslosenhilfe, das bedeutete für den Bund 25 Milliarden Mark im Jahr 2000.Es gibt kaum "gute" Argumente, warum die Umstellung 2004 so absolut notwendig war. Die Betreuung der Langzeitarbeitslosen ist ja auch nicht besser geworden und nur ein Bruchteil hat es auf den ersten Arbeitsmarkt geschafft.
Das größte Übel war ja die radikale zeitliche Kürzung vom Arbeitslosengeld von max. 32 Monaten (gemessen an der Beitragsdauer) auf 12 Monate. Also nach einem Jahr der große Absturz auf ca. 800 Euro inkl. Miete zum damaligen Zeitpunkt, egal was man vorher verdient hatte oder wie lange man gearbeitet hatte.
Erst später erfolgte eine höhere Bezugsdauer für Ü50.
Das hat sehr viele Menschen in die Armut gestürzt und Ängste geschürt - bis heute - und ist mit ein Hauptgrund für die Wut und Unzufriedenheit.
Ich kenne in meinem Umfeld keine (ehemaligen) Sozialdemokraten mehr, die das nicht eingesehen haben.
Ab 2004 hat die SPD die Hälfte ihrer Mitglieder verloren. Deutlicher geht es nicht mehr.