28.10.2016, 14:14
(28.10.2016, 13:57)Sophie schrieb: Ich finde das mit dem gerichtlichen Beschluss völlig unpraktikabel. Da soll jemand, der schwerst angegangen wird auf einer Plattform auch noch zu Gericht rennen müssen?
Ja.
So wie damals bei unserer Abiturzeitung. Du kennst sicher diese Abschlusszeitschriften, die traditionell von den Schülern herausgegeben werden. Die bestehen aus drei bis vier Teilen, Schüler schreiben über Schüler, Schüler schreiben über Lehrer, evtl. schreiben auch Lehrer über Schüler (war bei uns so), und dann halt noch Allgemeines über die Schule, zu Abschlussfahrten etc.
Und da stand eine Charaktieristik über einen Schüler, der zu entnehmen war, dass er auf der Abifahrt nach Berlin autoerotische Handlungen unter der Bettdecke an sich vorgenommen hat. Besonders pikant an der Sache war: Der Vater von dem Jungen war ein regional relativ bekannter Arzt und seine Mutter war Lehrerin an diesem Gymnasium.
Die ersten Exemplare wurden an einem Nachmittag verkauft. Am nächsten Tag hatten wir mittags schon die einstweilige Verfügung vom AG vorliegen, dass wir das Ding so nicht weiter in Verkehr bringen dürfen.
Wir haben uns dann darauf geeignet, dass wir die Seite aus allen nicht verkauften Exemplaren raustrennen, den problematischen Teil schwärzen, davon Fotokopien machen, und diese statt der (ja, durchaus begründet) zensierten Seite einlegen. Damit wir nicht alles einstampfen müssen. Neu drucken wäre finanziell und zeitlich auch gar nicht gegangen.
Die Eltern haben dann darauf verzichtet, das gerichtlich weiterzutreiben. Was mit den Anwalts- und Gerichtskosten war, weiß ich gar nicht mehr. Ich glaube, wir haben die zwischen Redaktion und den Eltern zur Hälfte geteilt.
Was ich damit sagen will: Das mit der einstweiligen Verfügung funktioniert innerhalb von 24 Stunden oder weniger. Schneller ist die Task-Force auch nicht.
(28.10.2016, 13:57)Sophie schrieb: Vllt. auch noch Personen, die sich nicht gut auskennen im Rechtswesen sich also gar nicht zu helfen wissen? (...) Da ist man froh über schnellste Maßnahmen und ich bin sehr der Meinung, dass der Schutz von Leib und Leben einer Person absoluten Vorrang hat vor der Meinungsfreiheit. Da braucht es auch nicht des langen Diskutierens, ob der wirklich gemeint hat, solche Menschen sollte man über Kohlen grillen oder das eher als Spaß meinte.
Also für die Gedankenkette (z.B. bei einer Beleidigung):
Da beleidigt mich einer -> das ist verboten -> ich habe ein juristisches Problem -> ich gehe damit zum Rechtsanwalt
wird's ja wohl noch bei jedem reichen. Bei wem's nicht dazu reicht, den kann man eh nicht beleidigen, der merkt das gar nicht. Und das Schöne am Anwalt ist: Der Anwalt erledigt die ganze Arbeit und der Beleidiger zahlt das dann.
Das wirkt auch erzieherisch viel besser, als wenn einfach nur der Post weg ist. Dann schreibt er halt woanders einen neuen.
Ganz grundsätzlich ziehe ich übrigens juristisch wasserdichte Maßnahmen, möglicherweise schnelleren Maßnahmen im Rahmen eines intransparenten Verfahrens, das dem Beschuldigten praktisch keinen Rechtsweg offen lässt, vor. Jeder muss sich in einem Rechtsstaat auch immer wehren können gegen falsche Vorwürfe und die Unterdrückung seiner verfassungsmäßg garantierten Meinungsfreiheit, sonst ist es kein Rechtsstaat.
Und ganz am Ende ist das natürlich eine Abwägung. Was wiegt schwerer? Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung oder das Persönlichkeitsrecht eines anderen? Das muss man abwägen, und zwar im Einzelfall und juristisch. Denn da sind in beiden Fällen relativ hohe Rechtsgüter betroffen. Und das richtig bewerten können Leute von Facebook und Eco in der Task-Force ganz einfach nicht.