23.07.2018, 22:48
(23.07.2018, 22:19)Lueginsland schrieb: Siehst du!
Özil hatte keine 2. Staatsbürgerschaft, die Türkei ist und war nicht seine ursprüngliche Heimat, wie dieser Minister tönt.
Ursprung, "die Wiege seines Werdens" oder so ähnlich!
Um die 2. Staatsbürgerschaft geht es doch gar nicht in erster Linie. Das sind halt die rechtlichen Konsequenzen, wenn Kinder mit "Auslandsberührung" geboren werden. Weil ich die ein bisschen kenne. Es gibt da nämlich noch mehr Konsequenzen, auch familien- und erbrechtliche. Rechtsgrundlage sind das AGBGB (Ausführungsgesetz zum BGB) und das sog. IPR (Internationales Privatrecht), das eine Wissenschaft für sich ist. Extrem kompliziert und von Land zu Land verschieden. Man geht dabei davon aus, dass keine Rechtsordnung die Weisheit mit Löffeln gefressen hat und deshalb weiser als eine andere sei. Alle Rechtsordnungen sind grundsätzlich gleichwertig. Und dann muss man sehen, was da am Ende gilt. Es ist ein bisschen wie Genforschung, da gibt es dominante und rezessive Gene, und genauso gibt es dominante und rezessive Rechtsordnungen. Aber das gilt dann nicht für alle Rechtsgebiete. Man muss echt jeden Einzelfall nachschlagen, welche Länder beteiligt sind und wie es nun bei Staatsangehörigkeit, Heirat, Scheidung oder bei einem Erbfall aussieht. Ich sag dir... Horror.
Neulich haben sie wenigstens beschlossen, dass auch Ehen, in denen ein Partner niederländisch und einer deutsch ist, ein privatschriftliches Berliner Testament machen können. Ich hab nämlich so ein Ehepaar in der Nachbarschaft. Und die hatten mich vor längerer Zeit mal gefragt, ob das geht. Nein, es ging damals nicht. Und dann las ich in der Zeitung, dass das jetzt aufgrund bilateralem Vertrag doch geht. Ich hab denen den Artikel dann gemailt. Mann, haben die sich gefreut.
Nein, es geht um den Lebenslauf vom Mesut Özil. In dem Fall wäre die Sache natürlich von der Staatsangehörigkeit her klar. Er hat die deutsche, nur die deutsche, wie schon sein Vater. (Wobei ich das "nur" nicht verifizieren konnte. Ein "Welt"-Artikel heute hat in unmittelbarer Nähe zu Özil auch über die doppelte Staatsbürgerschaft gesprochen. Aber es wurde nicht ausdrücklich gesagt, dass Özil selbst eine doppelte Staatsbürgerschaft habe. Sondern das stand zwar ganz in der Nähe zum Namen Özil, aber der Artikel gibt es nicht her, Özil eine doppelte Staatsbürgerschaft zu unterstellen. Wikipedia auch nicht.)
Aber drückt nicht schon die Tatsache, dass er Mesut heißt und nicht Matthias aus, dass in der Familie noch starke emotionale Bindungen an die Türkei vorhanden sein müssen? Man liest zwar hie und da von einem "Bruch mit seinem Vater", aber so ganz scheinen die beide das Deutsche nicht inhaliert zu haben. Die haben irgendwie nur gepafft.
Und müssen sie das überhaupt? Ich fahre zum Beispiel gerne in die Tschechei und würde mich im Zweifel auch mit dem tschechischen Staatschef fotografieren lassen. Obwohl ich seine Ansichten nicht kenne. Wieso denn nicht? Immerhin ist mein Vater im heutigen Tschechien geboren. Irgendwo hat jeder seine Wurzeln und freut sich auch, wenn die Leute dort das erkennen und einen irgendwie als Teil der ihren betrachten. Das können die falschen Leute sein, und vielleicht weiß man das im Einzelfall auch nicht so genau, weil man sich nicht großartig dafür interessiert (der Özil ist Fußballer und kein Politiker), aber angenehm ist es trotzdem.
Ich finde, in der Diskussion derzeit wird ein Sommerloch-Thema ungebührlich aufgeblasen. Was für Nacht-und-Nebel-Beschlüsse hat eigentlich der Bundestag zur Zeit auf der Tagesordnung? Zeitlich würde es gut passen, nachdem die WM ja unerwartet kurz ausgefallen ist.