11.01.2018, 21:56
(11.01.2018, 12:46)Serge schrieb: Hallo und guten Morgen, wusst' ich doch, dass du aus deinem hiesigen Winterschlaf aufwachen würdestBeim Lesen dieses Beitrags beschleicht mich zwischendurch der Gedanke, dass die Frauen ja eigentlich selbst dran schuld sind? Nichts dazu gelernt, nicht genügend gekämpft, zu lange geschwiegen (s. meine Markierungen)....?
Zur Sache, Schätzchen (sorry, diese Steilvorlage war zu verlockend )
Und um gleich von hinten zu beginnen: Ja, es ist "sehr gut", dass dieser Stein wieder einmal ins Rollen gekommen ist. Wieder einmal, weil soweit ich mich erinnere, gab es doch schon mal in den 60er und 70er Jahren eine mächtige feministische Bewegung in der westlichen Welt, auf der Grundlage des Erkenntnis,
"daß Frauen – jenseits der Biologie – etwas gemeinsam haben, nämlich eine gewaltsame Schädigungs- und Ausschluß-Geschichte, die sie in die Randständigkeit gedrängt, als minderwertige Menschen definiert, von der öffentlichen Teilhabe ausgeschlossen und der alltäglichen Gewalt ausgeliefert hat." (Christina Thürmer-Rohr, 1997).
Und nicht nur dieser alltägliche Aspekt wurde thematisiert, sondern auch revolutionäre Aspekte wie "Mein Bauch gehört mir" sowie die Darstellung der Frau als sexuelles Objekt in den Medien und damit auch in der Werbung.
Aber was hat sich seitdem geändert?
Zu wenig. Zumindest in der breiten Öffentlichkeit, im Alltag.
Und woran lag das?
Dieser Kampf war ein Kampf von "Studierten", von Akademikern und fand an den Unis und in einschlägig linken Zeitschriften statt.
Von daher sollte es nicht wundern, dass offensichtlich nur ein geringer Teil der damaligen Eltern, sprich vor allem der Mütter, ihre Töchter und auch Söhne in diesem Sinne erzogen. Ansonsten wurden weiterhin und weithin die traditionellen Rollenbilder in den Familien gepflegt
Die in dieser Weise sozialisierten Kinder dieser Eltern sind heute 20 bis 40 Jahre alt und sehen sich - eigentlich erstaunlicherweise - noch immer mit der zum sexuellen Objekt reduzierten Frau konfrontiert, in allen Medien, vom Werbeplakat in der U-Bahn über Musikvideos bis hin zu den üblichen Web-Portalen.
Das Bewusstsein vieler Frauen scheint stagniert zu sein, sie jammern über berufliche Benachteiligung, sehen das aber als punktuelles Problem im fraulichen Dasein und brezeln sich und ihre Töchter weiterhin auf, wie es einem sexuellen Objekt zusteht - und das nicht nur bei besonderen Anlässen.
Und jetzt, nach einigem Anlauf, komme ich zu dieser neuen Welle #Metoo, die eigentlich gar keine feministische ist, denn alle die, die an der Spitze dieser Bewegung agieren, bringen nur Vergewaltigungsfälle, versuchte Vergewaltigungen und sexuelle Annäherungsfälle ans Tageslicht, die bereits 20 bis 30 Jahre alt sind, sie selbst also damals zwischen 20 bis 40 Jahren alt gewesen sein dürften.
Da stellen sich für mich schon einige Fragen.
Hatten diese meist in gebildeten Mittelstandsfamilien sozialisierten Frauen noch nie etwas von den Zielen der Gleichberechtigung und Gleichstellung der Frau gehört? Nichts vom Feminismus?
Nichts davon, dass das Filmgeschäft geradezu die Drehscheibe verschiedenster sexueller Aktivitäten und Abartigkeiten ist?
Nahmen sie es in Kauf, auf dem erzwungenen oder zu 30 - 75% freiwilligen Umweg übers Bett Rollen bei einflussreichen und bekannten Produzenten und Regisseuren zu bekommen?
Nahmen Sie es in Kauf, nach einer Vergewaltigung ihrer Karriere zuliebe zu schweigen, weil sie sonst ausgestoßen worden wären?
Wo bleib da das frauliche Selbstbewusstsein, die inter-frauliche Solidarität?
Wäre nicht womöglich schon sehr viel früher eine Veränderung dieser unhaltbaren Zustände möglich gewesen, wenn - wie jetzt - Dutzende und Hunderte von Schauspielerinnen und am Dreh beschäftigter Frauen rebelliert hätten?
Für mich hat das schon ein Geschmäckle, zumal es dem latent grassierenden Puritanismus in Amiland voll in die Hände spielt.
Ganz zu schweigen davon, wohin Letzterer in Verbindung mit political correctness beim Thema "Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz" in den USA geführt hat. Wenn man den Artikel Wenn nicht mal mehr Vier-Augen-Gespräche möglich sind liest (vom 07.07.2017), dann weiß man, in welchem bemerkenswerten pathologischen Zustand sich die amerikanische Gesellschaft befindet.
Es scheint, man wird nach und nach Abschied nehmen von sensuellen Genüssen des Lebens.
Coffee to go im Pappbecher, HelloFresh anstelle von genüsslichem Einkaufen und Kochen, formeller Antrag auf Flirten usw.
Man sollte diese Kakke unserer liebsten Schutzmacht zurückschicken.
PS: Auf grobe Klötze (#Metoo) gehören grobe Keile, sprich deutliche Worte. Gegen die Unterdrückung und sexuelle Ausbeutung der Frauen, aber NICHT auf so durchsichtige und pseudo-feministische Weise.
Und nein, ich will GAR NICHTS verharmlosen.
So kann nur ein Mann argumentieren, der ja nicht wissen kann wie sich eine Frau nach einem sexuellen Übergriff oder gar Vergewaltigung fühlt. Vor allem seitens Vorgesetzten, bekannten Persönlichkeiten etc., also bei Abhängigkeitsverhältnissen.
Die Frauenbewegung in den 70ern hat doch nicht alle Mädchen und Frauen über Nacht zu selbstbewussten und mutigen Wesen gemacht! Das war und ist ein langer Prozess! Auch heute wird mit Sicherheit nur ein Bruchteil aller Übergriffe angezeigt oder öffentlich gemacht.
Es war kaum vorstellbar, einen Vorgesetzten anzuzeigen oder öffentlich an den Pranger zu stellen. Verdrängung, Schweigen und große Scham, oft über Jahrzehnte, waren die Folgen.
Für manche Traumatisierung und ein ewiges Ohnmachtsgefühl bis hin zum Hass auf Männer oder zumindestens ein gestörtes Vertrauensverhältnis und Respektverlust.
Vor allem die Angst, dass einem sowieso niemand glaubt und die Aufruhr, die es in einem Betrieb, in der Öffentlichkeit gegeben hätte, war zu übermächtig. Abgesehen vom ziemlich sicheren Jobverlust.
Ich weiß von was ich schreibe.....ich könnte einige Geschichten erzählen von einem Vorstandsvorsitzenden einer AG, der mit über 60 versucht hat, eine 17-jährige Auszubildende zu vergewaltigen bis zu einem Geschäftsführer einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, der bekannt dafür war, seine jüngeren weiblichen Angestellten mit Anzüglichkeiten zu belästigen und am Abend mal an deren Wohnungen vorbei spazierte, was er dann so nebenbei im Büro unter vier Augen verlauten ließ.
Es hieß, er griff mal gerne unter fremde Röcke. Das hat sich auch nicht geändert als er sich von seiner Ehefrau nach Jahrzehnten scheiden ließ und eine wesentlich jüngere Angestellte heiratete. Es hieß, die zweite Frau hat ihm dann die kalte Schulter gezeigt und seine Jagd auf sexuelle Abenteuer hat kein Ende gefunden.
Niemand hat sich jeh getraut, etwas gegen die beiden Herren zu unternehmen. Jetzt sind sie schon lange tot. So war das in den 70ern und 80ern. Und ich befürchte, in ähnlich gelagerten Fällen wäre das heutzutage auch noch so. Je größer der Statusabstand, desto schwieriger ist es, jemanden an den Pranger zu stellen.
Allerdings, meinem Gefühl nach ist dieses Verhalten für solche Herren in größeren Unternehmen heutzutage nicht mehr so leicht und häufig, da es mehr Anlaufstellen gibt und innerbetriebliche Regelungen, aber die Dunkelziffer ist nach wie vor sehr hoch.
Dass diese Debatte auch emotional geführt wird (seitens der Frauen) liegt auf der Hand. Dass manche Männer damit nicht viel anfangen können, auch. Längst Verschüttetes kommt zutage, oft eben nach Jahrzehnten. Das ist nur die kleine Spitze des Eisbergs. Es geht eben nicht nur um verbale Belästigungen und Anmache, sondern in vielen Fällen um körperliche Gewalt.
Wenn es dann um Abhängige geht, ist es besonders schlimm, ob jetzt Schauspielerinnen oder die Frau von nebenan, die von ihrem Mann regelmäßig misshandelt und vergewaltigt wird.
Das jetzt pseudo-feminstisch zu nennen, ist eine ungerechtfertigte und böse Anmaßung.