03.10.2017, 08:56
(02.10.2017, 22:00)PuK schrieb: Durchaus, ja. Aber 90 % von 42 % reichen einfach nicht, um so einen Schritt zu rechtfertigen.
Deshalb sollten sich beide Seiten jetzt zurücknehmen und an den Tisch setzen und überlegen, wie man das irgendwie lösen könnte.
Letztlich bin ich der Meinung, dass die Sprache ein entscheidendes Kriterium ist, wenn es darum geht, ob man Völker mit historisch unterschiedlicher Herkunft in einem übergeordneten Staatswesen vereinen und dann auch dauerhaft zusammen halten kann. Vereinen kann man viel, dauerhaft zusammenhalten eher wenig. Es gibt kaum Ausnahmen von der Regel, dass das gut funktionieren kann, wenn alle die gleiche Sprache sprechen. Und dass es nicht dauerhaft funktioniert, wenn unterschiedliche Sprachen gesprochen werden. Die einzige wirkliche Ausnahme davon ist die Schweiz, aber das ist historisch singulär schweizerisch begründet. Bei der EU wird es nicht funktionieren. Babylonisches Sprachgewirr, völlig unterschiedliche Geschichte noch dazu.
Sie stellen sich das immer so einfach vor in Brüssel, einen europäischen Staat als Gegenpol zu den USA, zu China und zu Russland aufzubauen. Sie vergessen dabei völlig, dass diese Mega-Länder, die halbe Kontinente einnehmen, trotzdem über eine gemeinsame Sprache und eine einheitliche Geschichte verfügen. Europa ist viel kleinräumiger. Man kann in Europa Freihandel machen, aber man kann es nicht beliebig zentralisieren. Dann bricht es auseinander, weil die Unterschiede zu groß sind.
Man sollte das wissen oder zumindest bedenken, bevor man mit Forderungen nach mehr Europa zu weit geht. Wenn man es nämlich zu weit treibt, dann bricht es auseinander, wie gesagt. Nur, dass es dann nicht einfach trocken "knacks" macht. Dieses Auseinanderbrechen ist dann meistens blutig und mit großen Verlusten und mit großem Leid verbunden. In der Regel "lösen" sich solche Spannungen letztlich nämlich in einem Bürgerkrieg. Dann fließt Blut, es gibt Tote, und es werden Werte und Denkmäler in katastophalem Ausmaß zerstört.
Spanien wird sich nicht zurücknehmen weil die natürlich ganz genau wissen, dass eine komfortable Mehrheit für die Unabhängigkeit besteht. Wenn nicht vorher, dann spätestens jetzt, nachdem viele Wähler brutal zusammengeknüppelt wurden und gefühlt 10.000 Handyvideos davon überall online stehen.
Alle historischen, heute existierenden Staatenbündnisse sind das Produkt langjähriger Kriege und schmerzhafter Prozesse. Und letztendlich überleben nur die, die am Ende von den Bürgern akzeptiert wurden. An erster Stelle steht hier natürlich die USA. Der Prozess dauerte über 100 Jahre und beinhaltete einen blutigen Bürgerkrieg. Trotz weitestgehend identischer Kultur und gleicher Sprache!
Sprache ist ein wichtiges Element, ebenso die Kultur, sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und der Wohlstand. Wie schwierig das ist, sieht man selbst bei einem so kleinen Land wie Belgien, bei dem sich Flamen und Wallonen in herzlicher Abneigung gegenüber stehen. In Europa kann man mit viel Wohlwollen von einer gemeinsamen Kultur sprechen (auch wenn ein Sizilianer mit einem Letten kaum etwas gemein haben dürfte), allerdings sind die wirtschaftlichen Eckdaten viel zu different und die unterschiedlichen Sprachen, teilweise mit eigenem Alphabet, stellen ebenfalls einen großen Hemmschuh dar. Nicht umsonst orientiert sich UK stets an den USA; man versteht sich, man spricht eine Sprache.
Bei Katalonien sehe ich die konkrete Gefahr, dass so etwas wie die IRA entsteht. Spanien hätte den Geist zurück in die Flasche bekommen können. Durch Zugeständnisse und Kompromisse. Diesen Weg haben sich die Spanier selbst kaputt geknüppelt. Spanien wird Kataloniens Unabhängigkeit über kurz oder lang akzeptieren müssen. Die Katalanen werden keinesfalls wieder zur Tagesordnung zurückkehren.
Martin