(09.05.2017, 17:33)leopold schrieb: Wie würden Sie diese Probleme lösen? Nur zu sagen, was alles nicht geht, wird nicht ausreichen.
Was nutzt ein rigider Kündigungsschutz, wenn die Folge ist, dass die Unternehmen niemand einstellen, weil sie bei Beschäftigungsschwankungen nicht reagieren können? Was nutzt die 35-Stunden-Woche, wenn die Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren, weil überall in der Welt 40 Stunden und mehr gearbeitet wird? Was nutzen unproduktive Staatsunternehmen, die den Anschluss an den Weltmarkt verlieren? Frankreich hat mit 56% die höchste Staatsquote in Europa, Deutschland liegt bei 44%.
Macron will die französische Wirtschaft wieder wettbewerbsfähig machen, das Schulsystem reformieren, den öffentlichen Haushalt durch Einsparungen ausgleichen, Öffnungsklauseln für betriebliche Bündnisse wie in Deutschland schaffen. Deutschland soll im Gegenzug endlich mehr investieren, um den Außenhandelsüberschuss abzubauen.
Macron plant - wenn die Ungleichgewichte ausgeglichen sind - eine Vertiefung der Eurozone mit eigenem Investitionsbudget, eigenem Parlament und eigenem Finanzminister. Eurobonds wird es erst geben, wenn die Verschuldungsproblematik gelöst ist, das wird noch einige Zeit dauern.
Die Probleme werden ganz sicher auch nicht dadurch gelöst, indem man eine Abwärtsspirale bei Löhnen und Sozialleistungen befeuert. Falls Frankreich diesen Weg einschlägt um damit wettbewerbsfähiger zu sein, wird das die Wettbewerbsfähigkeit von Deutschland verschlechtern. Stichwort Lohnstückkosten. Also wird Deutschland wieder nachziehen müssen, um den Vorsprung zu erhalten.
Ein renommierter Ökonom hat diese Entwicklung mit einem Kinosaal umschrieben, der die Situation m. E. hervorragend beschreibt: In einem vollbesetzten Kinosaal kommen einige Leute auf die Idee, dass die Sicht wesentlich besser wird, wenn man steht. Nach kurzer Zeit folgen die noch sitzenden Zuschauer dem Beispiel. Was passiert? Die Vorteile sind dahin, aber für alle ist es spürbar unangenehmer.
Die Staatsquote ist wieder ein anderes Problem. Müsste abgebaut werden, ja, das aber würde die Arbeitslosigkeit derzeit nur noch weiter befeuern.
Floskeln wie "Betriebliche Bündnisse" sind doch leere Buzzwörter. Für (fast) jede Ware gibt es eine endliche Menge X Abnehmer. Da können Sie Bündnisse schmieden wie Sie wollen, irgendwann ist der Markt gesättigt. Es gewinnt der, der die meiste Ware verkauft.
"Vertiefung der Eurozone". Sie haben den Schuss offenbar nicht gehört. Wenn Macron seine Reformen umsetzt, wird dies - wie bei uns - zwangsläufig zu sozialen Verwerfungen führen. Le Pen als nächste Präsidentin ist dann eine sichere Bank. Falls Europa eine Chance haben will, müsste zuallererst der Wettbewerb bei den Einkommens-, Sozial- und Steuersystemen abgestellt werden. Die EU müsste beweisen, dass sie aktiv und messbar das Leben der Bürger verbessert. Einerseits seinen Ausweis an der Grenze nicht mehr vorzeigen zu müssen aber andererseits kein Geld für Reisen mehr zu haben, ist ein hohles Argument. Da die EU das niemals gebacken bekommt, ist diese EU auch zum Scheitern verurteilt. Wer sollte das auch auf die Bahn bekommen, Leute wie Brok, Oettinger und Juncker?
Martin