09.02.2017, 11:38
Thomas Fischer, Prof. Dr. jur, BGH, war Talkgast und macht sich u.a. Gedanken zum Fernsehen; Auszüge:
Es gibt natürlich eine längere Einleitung und anschließend geht es auch noch weiter, insgesamt 5 Seiten. Herr Fischer hat bestimmt nichts dagegen und die Zeit und der Admin hoffentlich auch nicht, wenn das Zitat ausnahmsweise etwas länger ist. Fischer kriegt nichts dafür, für die Zeit ist es kostenlose Werbung und der Admin wird es aushalten.
Schwarzen Tee dazu und Orangenplätzchen!
Zitat:Nun also zur Sache und zum "Format". Eine Talkshow ist eine Talkshow ist eine Talkshow. Schon morgen wird es gehen um die Frage: "Populismus – Ende der Demokratie?" oder "Silikon – Tragödie meines Lebens", oder: "Wolfgang Schäuble: Fressen uns die Griechen die Haare vom Kopf?". Das bedeutet: Man tut irgendwie aktuell. Aber letztlich ist es gänzlich gleichgültig, worüber man quatscht. Am 1. Februar ging es um die "Prügelknaben der Nation?" – ein, wie erwähnt, unsinniger oder unverständlicher Titel. Mir schien: Redaktion und Moderatorin verfügten weder über ein Konzept, noch hatten sie einen Plan oder Grundkenntnisse des Themas Polizei und öffentliche Sicherheit. Der Regie-Einfall bestand darin, irgendwelche Leute zusammenzusetzen in der Hoffnung, dass die sich gegenseitig missverstehen, anschreien und beleidigen. Nick Hein, Muskelpaket aus dem Kampfsportlager, hat daher sein Pauschalhonorar von 500 Euro redlich verdient.
Sie halten Konzept und Ablauf der Sendung für planlos und chaotisch? Dazu nur so viel: Von Planlosigkeit kann keine Rede sein. Die sogenannten "Talk-Shows" haben, wie eine Vielzahl anderer TV-Events auch, mit dem "öffentlich-rechtlichen" Rundfunkprogramm seit Langem nichts mehr zu tun. Es handelt sich um Produktionen "freier" Produktions-GmbHs (in diesem Fall: Vincent TV GmbH, Geschäftsführerin Sandra Maischberger), die nach ausschließlich (!) marktwirtschaftlichen Kriterien irgendeinen beliebigen "Content" produzieren und sodann an eine Fernsehanstalt verkaufen. Die sogenannten "Formate" der Redeschauen sind nach Personen benannt, die als geistige Inspiratoren beworben werden und deshalb immerzu mit empathischem Augenaufschlag und wissend-ironischem Mundwinkelgekräusel in die Kameras blicken müssen, selbst wenn sie vom Thema der Sendung so viel Ahnung haben wie das Huhn vom Langstreckenflug.
Es geht, anders gesagt, weder um Auseinandersetzung mit ernsthaften Argumenten, noch um Information des Bürgers, sondern allein darum, auf jede nur erdenkliche Weise Quote zu generieren. Wer das "Trash" nennt, liegt nicht weit weg von der Wahrheit. Die Redaktionen im Hintergrund überlegen, wie es scheint, zunächst, welche sinnfreie, aber spektakuläre These man einmal ins Getümmel werfen könnte. Sodann akquiriert man dazu irgendwelche Gäste mit dem Hinweis, ihre Meinung und Sachkenntnis seien für die Sache hochbedeutend. Schließlich kombiniert man die Versuchspersonen nach dem Kriterium: Je mehr Krawall, desto später wird weggezappt. Dies ist das intellektuelle Grundgerüst und zugleich die künstlerische Erfüllung.
Wichtigste Figur für jede Sprech-Schau ist ein Opfer, gern auch "Betroffener" genannt – betroffen von was auch immer. Es kommt nicht darauf an, wer, warum, wie, ob überhaupt, warum oder was: Ein Betroffener oder eine Betroffene muss auf jeden Fall dabei sein. Ohne die geht es nicht, denn die Zuschauer können sich die philosophische Frage, ob der Hartz-IV-Satz ausreicht, einfach nicht vorstellen, ohne eine zerwuschelte Sozialhilfeempfängerin darüber weinen zu sehen.
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgesc...r-im-recht
Es gibt natürlich eine längere Einleitung und anschließend geht es auch noch weiter, insgesamt 5 Seiten. Herr Fischer hat bestimmt nichts dagegen und die Zeit und der Admin hoffentlich auch nicht, wenn das Zitat ausnahmsweise etwas länger ist. Fischer kriegt nichts dafür, für die Zeit ist es kostenlose Werbung und der Admin wird es aushalten.
Schwarzen Tee dazu und Orangenplätzchen!