09.11.2017, 09:49
(08.11.2017, 23:42)PuK schrieb: Exkurs:
Und wer schon mal einen "Bierlieferungsvertrag" gelesen hat und die nötige zivilrechtliche Vorbildung hat, um zu verstehen, was da drinsteht, der kommt niemals mehr auf den Gedanken eine Gaststätte von einer Brauerei zu pachten. Das sind Killerverträge. Man muss Mindestmengen an Bier bezahlen. Nicht unbedingt liefern lassen, darauf verzichten sie auch gerne. Aber man muss sie bezahlen, auch wenn man keine Chance hat, sie zu verkaufen. Das unterschätzen sehr viele Gastronomen, und deshalb sind viele gepachtete Gaststätten so kurzlebig.
Wenn Gastronomie und eigene Kneipe, dann nur brauereifrei. Das bietet nämlich auch den Gästen etwas. Ich kann dann nicht nur eine Sorte Pils anbieten, sondern vier oder fünf. Gerade beim Pils ist es so, dass die Bayern das nicht können, denn Pils ist untergärig. Die Bayern können obergäriges, malziges Bier brauen. "Obergärig ist unser Bier - Hacker Pschorr!" war mal ein Slogan. Durfte man damals sogar noch im Radio senden. Aber sie können kein untergäriges wie Pils oder Alt. Beim Alt versuchen sie es erst gar nicht und beim Pils bleibt es bei Versuchen. Die guten, hopfigen, herben Pilsener kommen praktisch alle aus Norddeutschland, und deshalb gibt es die in Augsburg in fast keiner Kneipe. (Das einzige meiner Ansicht nach trinkbare Pils aus Süddeutschland ist übrigens das "Rothaus Tannenzäpfle " aus dem Schwarzwald. Sehr herb und sehr gut. Man muss das Herbe aber mögen, Weizen- und Dunkelbiertrinker sollten eher bei ihrem gewohnten Getränk bleiben. Die können nicht mit den Bitterstoffen umgehen.)
Vermutlich gehören den Brauereien nicht wenige Lokale und dann ist klar, dass sie in ihrem Lokal auch nur ihre Biere sehen wollen. Eine unabhängige Gaststätte zu führen setzt demnach eine höhere Ausstattung mit Eigenkapital voraus, um nicht auf einen Knebelvertrag mit einer Brauerei angewiesen zu sein. Da liegt der Hase vermutlich im Pfeffer.
Beim Pils stimme ich Dir zu, an das Jever oder Warsteiner kommt kein süddeutsches Bier heran. Dafür kann kein Bier aus dem Norden dem Andechser Bergbock (Hell und Dunkel) oder dem Andechser Spezial Hell das Wasser reichen.
Zurück zum Thema. Die Vertreibung der Trinker ist symptomatisch, wie bei uns im Lande Politik betrieben wird: Die Probleme werden nicht gelöst, sondern nach dem St.-Florians-Prinzip verlagert. Allerdings würde ich mir in manchen Fällen auch mehr Befugnisse für den Staat wünschen, z. B. dass Schwerstsüchtige auch gegen ihren Willen in einer entsprechenden Einrichtung entgiftet werden. Letztendlich ist es zu ihrem eigenem Vorteil.
Martin