22.10.2017, 13:28
(22.10.2017, 13:04)bbuchsky schrieb: Um Ihre Kenntnisse dahingehend aufzufrischen, empfehle ich eine Exkursion zum städtischen Sozialdezernenten. Bestimmt sind dort die Orte verzeichnet, an denen im Kreis die Notunterkünfte für Obdachlose zu finden sind, und die Stadtteile, in denen die höchsten Dichten von H4-Empfängern anzutreffen sind.
Meist sind das die Gegenden mit großen Mehrfamilienhäusern, in denen früher die Arbeiterschaft gestapelt wurde. Da gehen Sie in den Keller und suchen die Zählerschränke. Je nach Betreuungsumfang der Immobilien findet man dort ganze Haufen dieser hübschen Bleiplomben, an denen Zählersperrungen zu erkennen sind.
Da steht dann WE 712 oder 4.OG-links. Haben Sie den Mut und gehen nach oben, klopfen an die Tür. Wenn der Bewohner nicht besoffen ist oder gerade raucht, ist er unterwegs, um sich Nachschub zu besorgen. Gegessen wird bei Tafeln und Stadtteilzentren der Caritas, wo der Mensch für 2,- bis maximal 4 Euro eine warme Mahlzeit serviert bekommt. Für die 4 gibt es dann aber auch, etwa zu St.Martin, Gans, Rotkohl und Knödel. Normalerweise kommt man aber auch mit im Schnitt 3 Euro incl. Getränk zu der Mahlzeit. Das wären 90 Euro im Monat.
Wer 200 seiner 400 Euro für Rauchwaren oder Alkohol ausgibt, die Miete übernimmt das Amt, könnte also theoretisch noch 100 für Strom übrig haben. Wäre da nicht die Kombination Alkohol + Nikotin. Rechnen Sie mal durch, was 20-30 Kippen am Tag kosten, dazu 2l Wein oder 10 Flaschen Bier.
Dann wird es nämlich knapp mit dem Strom.
Zweiter Exkursionspunkt sollte der ortsnahe Discounter sein, möglichst am Monatsanfang. Wenn die Kohle frisch auf dem Konto ist, werden die WIRKLICH für notwendig gehaltenen Anschaffungen getätigt: Dosenweise Tabak und Literweise Wein in Kartons, Bier vom Wühltisch und immer wieder die Flachmänner. Der Rest wird dann für Nahrungsbeschaffung via Tafel und Sozialrestaurants draufgehen.
Hintergrund meiner detaillierten Kenntnisse dazu liegt auch in den Immobilien, die ich im Auftrag meines AG´s zubetreuen hatte. Dazu gehörten eben auch Häuser, die als Notunterkünfte genutzt wurden oder als Wohnheime für Männer und Frauen, naturgemäß getrennt voneinander.
Was ich da gesehen habe, spottet jeder Beschreibung.
Aus einem Haus in Oberrath warf ein deutscher Bewohner seinen Müll und die Exkremente auf die vor dem Haus parkenden Fahrzeuge und zufällige Passanten. Und der war nicht mal besoffen! Der hatte nur keine Lust, in der Gemeinschaftsküche aufzutauchen, weil man ihm mit Zwangswäsche gedroht hatte, und er Prügel erwarten musste, weil er den anderen Bewohnern der Etage nachts das Essen aus dem Kühlschrank klauen musste, um seine Zigaretten zu finanzieren.
Seitdem bin ich dafür, den Alkoholverkauf drastischst zu erschweren, die Steuern darauf zu verzehnfachen. Anders kriegste das nicht in den Griff.
Deshalb sehe ich eine Erhöung der H4-Sätze auch kritisch. Nicht, weil ich jemandem etwas mißgönne, sondern weil mit der Kohle die nächste Generation Politiker gekauft wird. Von Tabakkonzernen und Brauern.
Das ist krass. Ein Verwandter von uns arbeitete beim Sozialamt und der erzählte öfter von diversen Alkoholproblemen seines Klientels. Ist aber schon rd. 10 Jahre her.
Ein Schlüsselerlebnis hatte ich vor Jahren im einem Discounter, als eine Mutter mit Kind (vermutlich alleinerziehend und H4) Einkäufe tätigte (kein Alk, keine Zigaretten, nur Kindernahrung, Gemüse usw.). Als es zum Bezahlen ging, reichte die Deckung der EC-Karte nicht. Also legte sie ein Stück nach dem anderen zurück, aber die Karte wurde bei keinem der Versuche akzeptiert. Ihr war das sichtlich superpeinlich und sowohl Kind als auch die Schlange der Wartenden wurden ungeduldig. Ich wartete direkt hinter ihr und bekam das alles haarklein mit. Es war auch keine der üblichen Klischee-H4 Muttis mit 150 kg Lebendgewicht und hautfarbener Leggins, sondern eine völlig „normale“ unauffällige Frau. Hatte damals mit mir gerungen, ob ich den Einkauf bezahlen soll, habe mich dann aber dagegen entschieden, weil ich annahm, dass diese Geste missinterpretiert werden könnte. Zumindest dieses Beispiel ist für mich Beleg, dass vielleicht 90% abgewrackte Alkoholleichen sind, es aber auch tragische Fälle außerhalb des Suchtspektrums gibt. Insbesondere bei Alleinerziehenden vermute ich viele solcher Fälle. Mir fehlt allerdings der tiefere Einblick, das gebe ich gerne zu. Vielleicht muss das Unterhaltsgesetz dahingehend verschärft werden, dass die Erzeuger in den Knast wandern, wenn sie ihrer Zahlungspflicht nicht nachkommen.
Martin