13.10.2017, 17:12
(13.10.2017, 08:48)PuK schrieb: @Sophie
Naja, "theateraffin" ist so eine Sache. Das wäre ich eigentlich schon, denn echte Schauspieler auf der Bühne, das ist einfach etwas anderes als eine Projektion auf der Leinwand, möglicherweise sogar deutsch synchronisiert, was eine weitere Distanzstufe zwischen Zuschauer und Geschehen einbaut.
Wenn's nur nicht immer so anstrengend wäre. Ich kann mich da z.B. an eine Aufführung von Schillers "Die Räuber" im Stadttheater erinnern. Gar kein so uninteressantes Stück. Eigentlich. Es geht da um zwei Brüder, einen guten und einen bösen. Und die Schauspieler waren gerade andersrum besetzt. Der Böse wirkte gut und der Gute böse. Das erzeugt eine ständige kognitive Dissonanz. Ich weiß nicht, ob das beabsichtigt war, oder ob der Regisseur einfach nicht gemerkt hat, dass das genau andersrum besetzt gehört hätte.
Und dann noch das "Bühnenbild". "Die Räuber" spielen mal im Wald und mal im Schloss, mal am Tag und mal in der Nacht. Aber es sind insgesamt nicht mehr als drei oder vier verschiedene Bühnenbilder, die man gestalten müsste. Aber es war so ähnlich gelöst wie zu Shakespeares Zeiten. Bei Theateraufführen damals kam i.d.R. am Beginn der Szene einer mit einem Schild auf die Bühne. Wenn die Szene z.B. im Wald spielte, dann stand "Wald" auf dem Schild und der Zuschauer wusste, dass er sich die Schauspieler in der folgenden Szene im Wald vorstellen muss. Sie hatten im Stadttheater zwar niemanden mit einem Schild, aber ersatzweise Stellwände als einziges Gestaltungselement, die sie nur jeweils anders arrangierten und beleuchteten. Wald bei Nacht war blau beleuchtet und Wald tagsüber grün, das Schloss bei Tag war neutral weiß beleuchtet usw.
Es wirkte letztlich alles nur billig und deplatziert. So richtig verkorkst. Das kann man mit "Tod eines Handlungsreisenden" machen, aber nicht mit Schillers Räubern. Wenn man das zwei- oder dreimal erlebt, ist man nicht mehr so theateraffin wie vorher, weil es einem halt einfach den Kunstgenuss verdirbt. Man kann sich bei so einer Inszenierung nicht mehr auf das Stück konzentrieren, weil man die ganze Zeit mit der Besetzung und den Bühnenbildern hadert.
Von daher dürfte man sich, wenn es nach mir ginge, ein Theater als Stadt ruhig einiges kosten lassen. Aber nicht so ein Theater.
Theater ist was Großartiges. Aber dazu braucht es keine sündhaft teuren Musentempel. Gute Schauspieler braucht es - eine gute Inszenierung, wie Du sagst. Wenn man dann in einem ruinös teurem Haus an die nichtvorhandene Kulisse 'Wald' schreibt, weil man sich eine solche nicht mehr leisten kann, ist das ein Offenbarungseid.
Alternativlos ist ein Argument, wenn einem keines einfällt. Ein das Wort und das Gegenargument des anderen abschneidendes, man könnte auch schlicht sagen: Ich habe recht. Wer anschafft hat regelmäßig recht. Nur normalerweise schafft der an, der zahlt. Das ist in der Politik aber nicht so.
Hier wäre übrigens ein geeigneter und angemessener Platz für einen Neubau (gewesen) - ganz in der Nähe der Ersatzspielstätte. Hätte sich neben dem Fabrikschloss glänzend gemacht.