16.08.2018, 10:02
Zitat:Herr Bräutigam, Sie waren als Redakteur bei der »Augsburger Allgemeinen«, der »Stuttgarter Zeitung« und schließlich viele Jahre bei der »Tagesschau« tätig. Inzwischen reichen Sie regelmäßig sogenannte Programmbeschwerden ein und werfen den öffentlich-rechtlichen Medien Gesinnungsjournalismus vor. Was ist da los?
Statt einer eigenen Antwort darauf zitiere ich lieber den bewundernswerten Journalisten Peter Scholl-Latour. Pointierter als er könnte auch ich nämlich nicht beschreiben, was los ist:
»Wir leben in einem Zeitalter der Massenverblödung, besonders der medialen Massenverblödung.«
(...)
Nun, die Berichterstattung über die Außenpolitik liegt häufig in den Händen von Journalisten, denen nach karriereförderlichem Aufenthalt und Schulung in den USA die transatlantische Einseitigkeit in Fleisch und Blut übergegangen ist.
Sie sind eine journalistische Parallelerscheinung zum politischen Vasallentum der Berliner Regierung. Auch die leistet den USA ersichtlich Gefolgschaftstreue bis zur Selbstverleugnung.
Die Schlagseite dieser Journalisten merkt man schon an ihrer »prowestlichen« Wortwahl. Zum Beispiel an verschleiernden Synonymen: »Menschenrechtsaktivist« statt gewaltbereiter Regierungsgegner, »Rebell« statt mörderischer Terrorist, »Flugverbotszone« für die Eröffnung eines Luftkrieges gegen ein souveränes Land, »Luftschlag« für ein tödliches Bombardement, »israelische Siedlungspolitik« statt Landraub und Besatzung.
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Nehmen wir beispielsweise die »Tagesschau« und die »Tagesthemen«. Es gehört wirklich nicht viel dazu zu erkennen, wie regelmäßig diese zum Beispiel vollkommen hohle Aussagen unserer Regierungen und Mächtigen weiterreichen, ohne zuvor einen notwendigen Abgleich mit der Realität vorgenommen zu haben, ohne Hilfen zur Einordnung anzubieten, ja, ohne dass die jeweilige Redaktion die regierungs-offiziellen Erklärungen auch nur auf ihren substantiellen Gehalt hin überprüft beziehungsweise einmal gegenrecherchiert hätte.
Etwa bei den monatlichen Berichten zur Lage auf dem »Arbeitsmarkt«, die man wohl nur noch als Propaganda bezeichnen kann. Denn um Texte wie »Die Zahl der Arbeitslosen ist im Dezember auf … gesunken, die Arbeitslosenquote beträgt saisonbereinigt …« als verlogene Schönfärberei mittels statistischer Tricks zu begreifen, genügt sogar das Halbwissen eines heutigen Nachrichtenredakteurs.
(...)
Als voriges Jahr die Empörung über das tödliche US-Bombardement auf ein Krankenhaus der »Ärzte ohne Grenzen« im afghanischen Kundus überlaut wurde, lieferten »Tagesschau« und »Tagesthemen« flugs Filmberichte über einen angeblichen russischen Bombenabwurf in Syrien. Eine glatte Fälschung, wie sich wenig später herausstellte.
Verteidigungsministerium und Außenministerium in Moskau legten überprüfbare Bildbeweise und Dokumente vor, die das angeblich zerstörte Krankenhaus Tage danach in völlig unbeschädigtem Zustand zeigten. Sie forderten die westlichen Regierungen auf, den Gegenbeweis anzutreten. Der erfolgte natürlich nicht, er konnte nicht erfolgen.
Was aber hätte erfolgen müssen, wäre eine entsprechende Richtigstellung in »Tagesschau« und »Tagesthemen« gewesen, die jedoch unterblieb. »ARD-aktuell« saß, wie es schien, einer antirussischen Falschmeldung »westlicher« Nachrichtenagenturen auf und unterdrückte später die notwendige Korrektur.
Quelle: Rubikon (CC BY-NC-ND 4.0 , gekürzt)