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RE: Sprache - Serge - 12.04.2017

(12.04.2017, 16:02)forest schrieb:  Habe mir mal das Impressum von messalinas Link geholt:

http://longua.org/impressum.php 
LONGUA.ORG - Sprachreisen und Grammatik weltweit


Meinetwegen, aber so schnell werde ich nicht gläubig.

Gläubig bist du ja schon Rauch


RE: Sprache - Athineos - 14.04.2017

(12.04.2017, 15:38)Sophie schrieb:  Stimme zu. Ersetzt worden waren ist korrekt.

Natürlich ist es korrekt! Und zwar wegen der  Vorzeitigkeit der Handlung des Nebensatzes im Verhältnis zur Vergangenheit des Hauptsatzes.  Völlig falsch ist das Imperfekt - hier auch als erste Vergangenheit bezeichnet -,  denn dann wäre die Handlung gleichzeitig. Das Perfekt - hier als zweite Vergangenheit bezeichnet - drückt die einmalige, abgeschlossene Handlung in der Vergangenheit aus, wenn die Folge oder das Ergebnis der Handlung im Mittelpunkt steht. Das ist im Beispiel nicht der Fall. Und die Vorzeitigkeit drückt es nur in Beziehung zum Präsens des Hauptsatzes aus. Auch das trifft hier nicht zu.


RE: Sprache - PuK - 14.04.2017

(12.04.2017, 15:40)Sophie schrieb:  Hier einen Thread betitelt SPRACHE anzureißen, um sich ausgerechnet den Vergangenheitsformen zu widmen, die man dann nach Bauchgefühl für richtig und falsch erklärt ist aber schon eine Verzweiflungstat.

Kann schon sein. Wenn man aber versucht, ihn thematisch innerhalb des durch den Titel gesteckten doch relativ weiten Rahmens etwas aufzufächern, wird es nicht angenommen. Stattdessen wird drei volle Tage später rumgemotzt, dass der Thread sich zu sehr auf einen Aspekt konzentriere.

*schmoll*


RE: Sprache - bbuchsky - 15.04.2017

(14.04.2017, 20:43)Athineos schrieb:  Natürlich ist es korrekt! Und zwar wegen der  Vorzeitigkeit der Handlung des Nebensatzes im Verhältnis zur Vergangenheit des Hauptsatzes.  Völlig falsch ist das Imperfekt - hier auch als erste Vergangenheit bezeichnet -,  denn dann wäre die Handlung gleichzeitig. Das Perfekt - hier als zweite Vergangenheit bezeichnet - drückt die einmalige, abgeschlossene Handlung in der Vergangenheit aus, wenn die Folge oder das Ergebnis der Handlung im Mittelpunkt steht. Das ist im Beispiel nicht der Fall. Und die Vorzeitigkeit drückt es nur in Beziehung zum Präsens  des Hauptsatzes aus. Auch das trifft hier nicht zu.

Angeber! Hattest Du nicht die "Vorzeitigkeit" (Ejaculatio praecox) zum Inhalt Deiner Doktorarbeit gemacht?


RE: Sprache - forest - 15.04.2017

Zitat:War da ebent wat jewesen?
Wesentliche Texte unserer Kultur müßten natürlich umgeschrieben werden: die Bibel ("Am Anfang war das Wort gewesen")
Ursprünglich war das Plusquamperfekt ja mal gedacht gewesen als Möglichkeit, eine nicht unwichtige Zeitbeziehung zur Sprache zu bringen: Was macht man nun in Zukunft, wenn tatsächlich einmal Bedarf besteht, den Sachverhalt einer in der Vergangenheit bereits abgeschlossenen Handlung auszudrücken? Das ist kein Problem; hier kommt im Ruhrgebiet von alters her eine ebenso schlichte wie überzeugende grammatische Form zum Einsatz: hatte gehabt. "Ich hatte den Opel  gerade gekauft gehabt, da war auch schon eine Macke drin gewesen."
Schopenhauer bekämpfte noch die Verwischung der Grenzen zwischen Imperfekt und Perfekt ("war" vs. "bin gewesen"); heute kann kaum noch jemand den Unterschied zwischen beiden Formen nachempfinden.
 
Die Autorin lehrt Angewandte Sprachwissenschaft an den Fachhochschulen Wismar und Düsseldorf
 http://www.zeit.de/1998/39/199839.plusquamperfekt_.xml/komplettansicht 

Um die von Serge rauchenderweise zugestandene Gläubigkeit aufzugreifen, sei kurz nach Adam und Eva begonnen. Ich hatte mal einen heute noch geschätzten Kollegen gehabt, der immer gehabt hatte und gewesen war. Koblenzer, trotzdem oder auch gerade deswegen mir sehr sympathisch. Wenn der soeben aus der Kantine zurück kam, war er gerade in der Kantine gewesen, weil er Hunger gehabt hatte. Ich hoffe, es geht ihm unverändert gut und freut sich des Lebens, das er gehabt hatte, gehabt hat, hatte, hat, noch lange haben wird und wo auch immer im Dies- und Jenseits haben werden wird.
 
Offenbar war auch der Spiegel im romantischen Mittelrheinischen gewesen, und zwar am 26.04.2004 um 09:57 Uhr, zwar nach Christi Geburt, aber doch in nicht allzu tiefer Vergangenheit.


Zitat:Die gut informierte Hausfrau von heute weiß: Herkömmliche Vergangenheitsformen sind wie herkömmliche Waschmittel. Sie wirken nicht immer zufrieden stellend und hinterlassen bisweilen graue Streifen. Daher gibt es das Ultra-Perfekt mit verbesserter Formel: Die noch vollendetere Vergangenheit der vollendeten Vergangenheit
Ultra-Perfekt, jetzt mit verbesserter Formel!
Wie kommt es zu solchen falschen Zeitbildungen? Die Antwort liegt in der Natur der Umgangssprache. Tatsache ist, dass immer nur ein Teil dessen, was wir sagen, beim Adressaten ankommt. Nebengeräusche, undeutliche Artikulation und mangelnde Aufmerksamkeit sind nur einige der vielen Ursachen, die dazu führen, dass ein gewisser Teil der Informationen auf dem Weg vom Sender zum Empfänger verloren geht. Das wissen wir, und daher neigen wir im Alltag zur Verdoppelung; wir hängen den Wörtern überflüssige Silben an, stellen ihnen verstärkende Ausdrücke voran, nur um sicherzugehen, dass der Kern unserer Botschaft ankommt. Beim Ultra-Perfekt geschieht genau dasselbe: ein nachgestelltes "gehabt" oder "gewesen" soll den Vergangenheitscharakter verstärken und die Abgeschlossenheit der Handlung hervorheben.
Die Warenhäuser der Zukunft werden noch manches Zwischenniveau einziehen, und die Kunden werden im Kaufrausch durch die Zeiten geschwebt gehabt haben werden worden sein.
 
http://www.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/zwiebelfisch-das-ultra-perfekt-a-295317.html 

 Selbstverständlich hatte ich mich auch woanders umgehört, bevor dieses Ei bemalt werden konnte.


Zitat:Das Plusquamperfekt wird für jenen Zeitraum benutzt, der zeitlich vor einem Referenzpunkt in der Vergangenheit liegt, wobei sich der Referenzpunkt aus dem Kontext des Textes bzw. der Erzählung ergibt („Ich machte einmal eine Prüfung“). Um noch weiter in die Vergangenheit zurückzugreifen, wird das Plusquamperfekt verwendet („Ich hatte vorher für die Prüfung gelernt“). Das Plusquamperfekt verhält sich daher zum Präteritum  ähnlich wie das Perfekt  zum Präsens .
  • Nachdem ich mich für die Klausur vorbereitet hatte, war ich nicht mehr nervös. (Erster Teilsatz greift zeitlich vor und steht im Plusquamperfekt, darauf folgt eine Aussage im Präteritum)
  • Sie waren sehr böse. Ich hatte wohl etwas falsch gemacht. (Erster Satz Präteritum, zweiter Satz Plusquamperfekt)
Das Plusquamperfekt kommt unter anderem in den indogermanischen  Sprachen und den finno-ugrischen Sprachen  vor. Es ist im Deutschen die am seltensten benutzte Vergangenheitsform. In einigen regionalen Dialekten (z. B. im Rheinischen  und im Berlinischen ) wird es oft als normale Erzählzeit (statt Perfekt oder Präteritum) verwendet. Die meisten Dialekte in Süd-  und Norddeutschland , Österreich  und der Schweiz  benutzen dieses Tempus nie oder nur selten. Zumindest in Teilen Österreichs, Süddeutschlands und der Schweiz wird es in der Umgangssprache durch das doppelte Perfekt  („wir haben schon (ge)gessen gehabt“) ersetzt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Plusquamperfekt 

An dieser Stelle ein Abkürzungsverzeichnis, um das mehr oder weniger perfekte Plusquamzeugs für alle Zeiten etwas zu entakademisieren:  F1 und F2, G, V1, V2, V3. V4 und V5 sind obszön, wie oben von berufeneren Mündern erläutert. Natürlich ist auch die V2 Vergangenheit, bbuchsky, weshalb sie im Museum steht und nicht mehr fliegt. Das traut sich keiner mehr. Außerdem wurde sie von Sklaven gebaut, wie das in der Vergangenheit so üblich war und gelegentlich noch ist.
 
Die V2, also die 2. Vergangenheit, ist in dieser Gegend tief verwurzelt im Gegensatz zur V1. Wer die verwendet, wenn es nicht unbedingt sein muß, macht sich unsäglich. Er schrieb im Forum. Tsss! Im Forum hat er geschrieben. Wir tranken fünf Halbe. Oh Gott! Fünf Halbe haben wir getrunken. Daran sieht man auch die fürsorgliche Haltung des Bayern gegenüber seinem Gesprächspartner. Selbstverständlich meint er, jeder von dem 'wir' hat 5 Halbe getrunken und gemeint sind dann mindestens 10 Halbe bzw. 5 Maß, also 2,5 Beckstein, oder noch kürzer, haarscharf unter der offiziellen Fahrtüchtigkeitsgrenze. Aber sowas sagt man nicht so gefühlskalt.
 
Kommt nun zum Bayern die nähere Bezeichnung bayerischer Schwabe dazu, gipfelt das in einer komprimierten Gefühlstiefe und -breite. Diese zeichnet sich dadurch aus, daß maximales Gefühl mit sparsamstem Wortgebrauch einhergeht. Zu den Beispielen:
 
Die Originalteile des Augustusbrunnens folgten hier den Figuren von Herkules- und Merkurbrunnen, die schon vor längerer Zeit durch Kopien ersetzt worden waren.

Die Teile folgten den Figuren, die durch Kopien ersetzt worden sind.
 
'ersetzt worden sind' ist bereits Vergangenheit und zwar passives V2, Athineos; muß Ihnen nicht gesagt werden, aber es lesen vielleicht noch andere Koryphäen mit wie etwa das Suppenhaar- und Verzweiflungsfindegerät. Der Schwabe im Bayern (SiB) spart Worte und Zeiten. Extreme sind ihm ein Graus. Die hebt er sich für extreme Fälle auf und ein solcher liegt hier für ihn nicht vor.
Bereits im ersten Halbsatz 'Die Teile folgten den Figuren' ist klar, daß die Figuren vor den Teilen da waren.
Der zweite Halbsatz 'die durch Kopien ersetzt worden sind' bezieht sich auf die 'vor längerer Zeit ersetzten' Figuren. Der SiB greift bei 'vor längerer Zeit' nicht gleich zum Äußersten, etwa zum Vorchristlichen oder sonstwie Antiken, also zum letzten aller Mittel, der V3, sondern er bescheidet sich mit der V2.
Das entspricht auch seinem sparsamen und wohlgeordneten Zahlenhorizont; nach V1 'folgten' kommt V2 'ersetzt worden sind'.
Gegenprobe: 'schon vor längerer Zeit ersetzt worden waren'.
Wenn die schon vor längerer Zeit ersetzt worden waren, kann man die gleich wieder ersetzen, weil sie inzwischen verfault, verrostet oder sonstwie vergammelt sind.
 
Die V3-Regel mit dem zeitlichen Referenzpunkt scheint so ein unsensibles und unlogisches Ungetüm zu sein wie nachfolgend die Rechtschreibreform, unerbittlich vereinfacht und damit das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Auf der Strecke bleiben feine Nuancen der Sprache und was das Schlimmste ist, eine Verarmung des Ausdrucks, ein Diebstahl, ein Mundraub sozusagen.
 
"Bevor ich den Tee trank, hatte ich ihn gekocht."
 
Oh Gott! Nix für ungut, messalina, aber das Gesöff kann man doch so nicht trinken. Da fehlts ja vom Boi weg (kein Fleisch am Knochen = Hopfen und Malz verloren)!
 
Nach wieviel Jahrhunderten nach dem Kochen hast du denn den Tee getrunken? Der war doch schon längst wieder kalt und die Kaulquappen zappelten drin! Bei der Zeitstellung - mag sie noch so formal richtig sein – hast du den Tee nicht überstanden. Ich frage nicht, was da drin war, aber es kommt so rüber, als wäre es dein letzter gewesen. Ich hatte den Tee vor dem Trinken gekocht.
 
Wer noch nicht genug hat, bitte sehr:
 
https://de.wikipedia.org/wiki/Tempus 
 
https://de.wikipedia.org/wiki/Harald_Weinrich#Tempustheorie_in_narrativen_Texten 
 
Fröhliche Ostereier allseits! :rolleyes:


RE: Sprache - bbuchsky - 15.04.2017

Sollte je nach einer erschöpfenden Erklärung dafür gesucht werden, warum Zeitreisen unmöglich sind, sein werden und waren, so liefert forest mit seinem streiflichternden Ausflug ein wichtiges Indiz:
Dem Deutschen fehlt die für Zeitreisen nötige sprachliche Gelassenheit.

Es erscheint völlig sinnlos zu sein, Dinge zu erleben, über deren Abfolge man kein für Dritte verständliches Wort finden kann, finden konnte und finden gehabt werden wird.

Trotzdem allen einen schönen Osterbeagle.
[Video: https://youtu.be/UkTIk0UVPag ]


RE: Sprache - Athineos - 16.04.2017

(15.04.2017, 07:14)bbuchsky schrieb:  Angeber! Hattest Du nicht die "Vorzeitigkeit" (Ejaculatio praecox) zum Inhalt Deiner Doktorarbeit gemacht?

Nein, du Pamphletist, das war ein anderer! Titel, nicht Verfasser .....


RE: Sprache - forest - 04.05.2017

Noch so ein Fall:


Zitat:Mit melancholischen Songs wie «Oh, wann kommst du» eroberte Daliah Lavi die Herzen ihrer Fans. Zuvor war sie als
Schauspielerin erfolgreich gewesen.

http://www.augsburger-allgemeine.de/panorama/Saengerin-und-Schauspielerin-Daliah-Lavi-gestorben-id41364686.html 

Zuvor ist sie als Schauspielerin erfolgreich gewesen.

Warum 'war gewesen'?

Weil sie tot ist? Schmarrn, weil die komische Grammatikregel es so vorgibt.

Das ist unlogisch. Wenn 'zuvor' steht, ist V3 doppelt gemoppelt. Plusquamquatsch das. V2 wäre angemessen, V1 fast noch besser: Zuvor war sie Schauspielerin.
Referenzpunkt ist 'eroberte'. Dann kommt 'zuvor' und damit ist alles klar. V1 würde vollkommen reichen.


RE: Sprache - Sophie - 05.05.2017

(04.05.2017, 22:06)forest schrieb:  Noch so ein Fall:



Zuvor ist sie als Schauspielerin erfolgreich gewesen.

Warum 'war gewesen'?

Weil sie tot ist? Schmarrn, weil die komische Grammatikregel es so vorgibt.

Das ist unlogisch. Wenn 'zuvor' steht, ist V3 doppelt gemoppelt. Plusquamquatsch das. V2 wäre angemessen, V1 fast noch besser: Zuvor war sie Schauspielerin.
Referenzpunkt ist 'eroberte'. Dann kommt 'zuvor' und damit ist alles klar. V1 würde vollkommen reichen.

Warum ist die Grammatikregel komisch?

'Ist' - ist doch ein Verb das einen sehr sehr SEHR deutlichen Gegenwartsbezug hat. Während 'war' eben auf etwas weit zurückliegendes verweist. Wenn Daliah Lavi, die mit74 Jahren nun gestorben ist, in den 70er und 80ern großen Erfolg als Sängerin hatte, so liegt das schon ziemlich weit zurück. Wenn sie davor Schauspielerin gewesen war, ist das eine schöne sprachliche Differenzierung. Meinetwegen verknappt man das noch auf war. Weil es heute ja niemand mehr präzise aber umständlich haben will. Aber 'ist'?

Verstehe wirklich nicht, warum du dich da so reinsteigerst.


RE: Sprache - Athineos - 05.05.2017

Wir hatten diese Diskussion schon mal! Auch hier ist das Plusquamperfekt richtig und logisch, auch wenn es manchem nicht passt!!!!