31.01.2020, 12:07
Man muss aber der Wahrheit zuliebe schon einräumen, dass es das auf der anderen Seite auch gegeben hat - Stichwort Arafat - Clinton-Parameter 2001.
Aber:
Zitat:Clinton hatte Arafat und Barak in einem letzten Versuch, doch noch eine Friedensvereinbarung zustande zu bringen, einen detaillierten Kompromissvorschlag (die sogenannten Clinton-Parameter) vorgelegt. Dieser basierte auf den in Camp David vertretenen Standpunkten, enthielt aber auch neue Ideen zur Überbrückung der noch bestehenden Differenzen. Clinton forderte von jeder Seite ein klares Ja oder Nein. Barak hatte sein Einverständnis gegeben. Arafat konnte sich bei seinem letzten Besuch im Weissen Haus nicht dazu durchringen - er verlangte weitere Verhandlungen und Präzisierungen.
Nach Ross' Darstellung war damit die letzte Chance für eine umfassende israelisch-palästinensische Verständigung noch während Clintons Amtszeit (der Arafat mehr als ein Dutzend Mal im Weissen Haus empfangen hatte) verspielt.
....
Ross ist überzeugt, dass Arafat mit diesem Nein den besten «Deal», der ihm für den angestrebten palästinensischen Staat je in seinem Leben offeriert würde, aus Mangel an Weitblick und Mut verspielt hat. Arafat, schreibt er gegen Ende seines Buches, habe sich als unfähig erwiesen, sich «von einem Revolutionär zu einem Staatsmann zu wandeln». Ross behauptet nicht - im Gegensatz zu einigen israelischen Propagandisten im Dunstkreis Sharons -, Arafat habe die gewaltsame palästinensische Intifada nach dem Scheitern des Camp- David-Gipfels von langer Hand geplant. Aber er wirft ihm vor, sich nach Ausbruch der neuen Gewaltwelle nicht konsequent und glaubhaft für deren Eindämmung engagiert zu haben. Wahrscheinlich habe er sich dabei nicht zuletzt von der Hizbullah-These im Zusammenhang mit dem israelischen Rückzug aus Südlibanon im Jahr 2000 beeinflussen lassen:
https://www.nzz.ch/article9X3O5-1.328860
Aber:
Zitat:Ross geht übrigens in seinem Buch nicht näher auf die interessante Frage ein, was denn politisch passiert wäre, wenn Arafat Baraks Angebot (oder Clintons «Parameter») akzeptiert hätte. Barak hatte schon in Camp David praktisch seine parlamentarische Mehrheit verloren, und er hatte immer ein nationales Referendum im Falle eines umfassenden Friedensabkommens versprochen. Es ist gut denkbar, dass ein von Barak mit Arafat ausgehandelter Friedensvertrag keine Mehrheit in der israelischen Bevölkerung gefunden hätte. Was dann? Auch die Möglichkeit eines solchen moralisch-politischen Vorteils hat Arafat mit seinem Mangel an staatsmännischem Weitblick verspielt. Hätte er sie genutzt, so wäre er jedenfalls nicht als derjenige dagestanden, der den Friedensprozess zum Scheitern gebracht hat - und er hätte sicher nicht kläglich fast drei Jahre lang in seiner halb zerstörten Residenz in Ramallah festgesessen, ohne dass sich in der Weltöffentlichkeit nennenswerter Protest dagegen regte.