15.10.2019, 17:26
(15.10.2019, 15:59)Maylin schrieb: Wenn ich einmal ein wenig mehr Zeit zum Schreiben habe, kann ich Ihnen sehr gerne ausführen, was den Unterschied im Land vor Erdogan und mit Erdogan ausmacht. Ich kenne das Land seit 1985, lebe seit 1989 hier, somit habe ich viel Erfahrung mit Land und Leuten.
Erdogan mag, was die wirtschaftliche Entwicklung seines Landes angeht, seine unbestreitbaren Verdienste gehabt haben. Derzeit ist die Türkei diesbezüglich aber wieder im Rückwärtsgang. Die amerikanischen Sanktionen werden die Lage nicht unbedingt verbessern. VW denkt beispielsweise darüber nach, ein geplantes Werk in der Nähe von Izmir zu stoppen.
Erdogan hat bis heute nicht den Verdacht ausgeräumt, aus dem säkularen Atatürk-Staat langfristig einen islamischen Gottesstaat machen zu wollen. Seit dem Putsch-Versuch hat sich die Türkei rapide zum Schlechteren verändert. Alle öffentlichen Institutionen wurden gesäubert und mit Erdogan-Leuten besetzt, die freie Presse ist eingeschränkt, kritische Journalisten und sogar normale Bürger mit abweichender Meinung werden wegen Beleidigung des Präsidenten eingesperrt. Die Türkei ist längst kein freies und demokratisches Land mehr.
Beim aktuellen Einmarsch in Syrien hat Erdogan islamistische Söldner eingesetzt, die äußerst brutal vorgehen und die auch vor der Ermordung von Zivilisten nicht zurückschrecken. Es mag sein, dass es auf kurdischer Seite Terroristen gibt, das rechtfertigt aber nicht, sämtliche Kurden als Terroristen zu behandeln und zu töten. Die Kurden mussten nun Assad um Hilfe bitten, um einem Völkermord durch die von Erdogan losgeschickten Mordbanden zu entgehen.
Ein angestrebter eigenständiger kurdischer Staat jenseits der türkisch-syrischen Grenze mag Erdogan nicht gefallen, das rechtfertigt aber keinen völkerrechtswidrigen Einmarsch in ein benachbartes Land. Die Türkei benimmt sich derzeit jedenfalls selbst wie ein Terrorstaat und Erdogan benimmt sich wie ein Terrorist.