"Aleppo" von
Ulrich Teusch
Zitat:Doch für wen ist Aleppo verloren? Die Antwort liegt auf der Hand: Für uns natürlich. Als vor vier Jahren jene Kräfte, die man im Westen wahlweise als „Aufständische“, „Rebellen“ oder schlicht „Opposition“ bezeichnet, sich des Ostens der Stadt bemächtigten, erschien das vielen als gute Sache. Der angestrebte Regime Change machte Fortschritte, der „Schlächter Assad“ stand unter Druck.
Ob die Menschen in Ost-Aleppo das genauso gesehen haben, ob ihre neuen Herren ihnen sympathisch waren, interessierte da nicht. Und wie die wesentlich zahlreicheren Menschen im Westteil der Stadt mit den ständigen Terrorangriffen zurechtkamen, die vom Ostteil ausgingen, auch das interessierte nicht. Der gute Zweck heiligte die fragwürdigen Mittel.
Als der Kampf um Aleppo in seine entscheidende Phase trat, waren im Osten der Stadt schätzungsweise 8.000 bis 10.000 Kämpfer zugange. Die meisten von ihnen, etwa 4.000, gehörten zu Jahbat al-Nusra und ihrem engen Verbündeten Ahrar al-Sham. Anders formuliert: Die „Aufständischen“ waren/sind fanatische Dschihadisten. Und sie wurden über viele Jahre „von uns“ unterstützt, mit Geld, mit Waffen.
Und weiter geht es über die entrüstete Heuchelei der UN-Botschafterin der USA, Samantha Power, die Aleppo in eine Reihe mir Halabja, Srebrenica, Ruanda stellte und voller Empörung fragte:
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„Is there no act of barbarism against civilians, no execution of a child that gets under your skin, that just creeps you out a little bit?”
Independent-Korrespondent Robert Fisk anwortet darauf und weist auf viele Kriegsverbrechen hin, bei denen die USA und ihre westlichen Verbündeten tatenlos zugesehen haben bzw. sie einfach in Kauf genommen haben:
Zitat:Als er Powers Statement gehört hatte, schreibt Fisk, habe er sich an das Massaker von Sabra und Chatila erinnert. Damals, 1982, sei er in Beirut über die Leichen von Palästinensern geklettert, die in einem Flüchtlingslager von libanesischen Milizen massakriert worden waren. 1700 Tote insgesamt. Die Israelis, Washingtons wichtigster Verbündeter in der Region, hatten zugeschaut.
Auch an den Krieg gegen den Irak 2003 habe er denken müssen, sagt Fisk, etwa eine halbe Million Tote [...]
Samantha Powers Analogien, so das Fazit, sind reine Heuchelei, sie sind „wholly out of proportion“ und hochgradig selektiv. Doch die eigentliche Pointe in Fisks Beitrag kommt erst noch: Warum hat Samantha Power in ihrer Aufzählung nicht die Anschläge des 11. September 2001 mit ihren 3000 Toten erwähnt? Hätte das nicht nahegelegen? Fisks Erklärung hat es in sich. Sie führt zum Kern der Sache, weshalb ich sie vollständig zitiere:
„…there’s a wee bit of a problem there, isn’t there? Because the 9/11 bloodbath was carried out by al-Qaeda. And al-Qaeda in Syria has changed its name to al-Nusra and then to Jabhat Fateh al-Sham and – well, it’s al-Sham (alias Nusra, alias al-Qaeda) that’s been fighting against the Syrian regime in eastern Aleppo. A bit difficult, you see, for Samantha to express her horror over the most terrifying attack on her country in recent history – talk about „barbarism against civilians” – when the very criminal ‘jihadi’ organisation which committed this outrage is, yes, in eastern Aleppo fighting against the Syrian army.
Fake News, das beinhaltet natürlich auch parteiische, d.h. einseitige Berichterstattung, die mit subjektiver Kommentierung durchsetzt ist.
Auch die öffentlich-rechtlichen Anstalten ARD und ZDF sind dazu in ihren Nachrichtensendungen übergegangen.
Warum hinterfragt man z.B. nicht, woher plötzlich dieser sogenannte Bürgermeister von "Ost-Aleppo" hergekommen ist?
Warum ziehen die SprecherInnen immer die Augenbrauen kritisch-abwertend in die Höhe, wenn sie von syrischen Regierungstruppen oder russischen Luftangriffen sprechen?
Warum kommt in ihrer Ausdrucksweise, Wortwahl und Mimik immer ganz eindeutig rüber, wer die Bösen und wer die Guten sind?
Warum wird in den 19h- und 20h-Nachrichten, die sich an ein Massenpublikum wenden, nie hinterfragt, wer diese "Rebellen", "Verbündeten", "Aufständischen" oder die "Opposition" überhaupt sind? Und wie hoch der Anteil der einheimischen Syrer bzw. Aleppobewohner daran ist?
Weil die ÖR den Auftrag einer umfassenden unparteiischen Information und einer objektiv-kritischen Kommentierung nicht mehr wahrnehmen, sondern zu Sprachrohren einer politischen Mainstream-Meinung (GroKo, EU, Nato ...) geworden sind.