(30.03.2019, 13:53)PuK schrieb: Kannst du bitte mal erklären, wie das ist mit der medizinischen Dringlichkeit?
Es liest sich hier und anderswo immer so, als bräuchten wir nur genug Spenderorgane, also mindestens genau so viele wie Menschen, die ein Organ benötigen, und dann wäre alles in bester Butter.
Beim Blut gibt es ja z.B. Blutgruppen. Wenn ich einem Menschen eine Infusion mit der falschen Blutgruppe gebe (außer 0, die für alle passt), dann stirbt er. Wenn ich eine Knochenmarkspende brauche, müssen sie einen "genetischen Zwilling" von mir suchen, damit das klappt.
Wieso konnte dieser SPD-Politiker dann eine Niere an seine Frau spenden? Man sucht sich den Partner doch unbewusst meist so aus, dass dessen genetische Ausstattung möglichst weit von der eigenen entfernt ist (ist nachgewiesen, und das wird über den Körpergeruch erkannt).
Funktioniert also bei Organen jedes beliebige? Wenn ja, warum? Und warum kann man dann nicht Organe von Tieren, beispielsweise Affen oder Schweinen nehmen?
Das ist jetzt kein zynischer Witz. Ich habe das wirklich bisher nicht verstanden, was da bei Organen anders ist. Oder müssen die Empfänger dann lebenslang starke Immunsuppresiva einnehmen, die eine Abstoßung verhindern? Aber dann fangen sie sich doch jede Krankheit ein, von der Bakterien oder Viren in der Gegend herumschwirren, was auf die Dauer ja auch nicht gesund ist.
Wie ist das medizinisch?
Ich versuche mal die einfachen Dinge zu klären, denn die Hämatoonkologie (zuständig für Knochenmark) ist ein völlig eigene Welt und würde zu weit führen, abgesehen davon dass ich mich hierbei schlicht zu wenig auskenne.
Bei Organen ist es so dass sie fast jeder bekommen kann und dann auch das eigene Immunsystem unterdrückt werden muss wegen Abstoßungsreaktionen.
Und ja, diese Patienten sind alle immunsuppremiert, somit bekommen sie jede Menge Medikamente und dürfen kleinste Infekte nicht verschleppen.
Das hat man aber recht gut Griff.
Bei Organen außerhalb der eigenen Gattung (Xenotransplantation) wird das schwierig, aber man arbeitet fieberhaft daran.
Zudem gefährlich ist dass Krankheitserreger auf den Menschen übertagen werden können.
Standarderreger sind zwar beherrschbar, aber es gibt da einige mit denen man noch nicht umgehen kann.
Schweine z. B. haben zwar eine sehr enge Verwandschaft, aber leider dummerweise endogene Retrovieren, sie verstecken sich also im Genom selbst.
Derzeit wird versucht diese zu deaktivieren.
Bei Herzklappen, die recht klein sind kann man die tierischen Zellen noch entfernen, wobei ein Kollagengerüst über bleibt das mit menschlichen Zellen besiedelt werden kann, bei ganzen Organen ist das allerdings weit schwieriger.
Die medizinische Dringlichkeit wird bei Eurotransplant entschieden, dabei geht es rein um den derzeitigen Zustand des Patienten und Organe die zur Verfügung stehen können somit quer durch Europa wandern.
Das ist ja auch der Grund warum derzeit in der Politik nach Lösungen gesucht wird die Spendebereitschaft zu erhöhen, denn die anderen Ländern ist man gar nicht so sehr begeistert, dass in Deutschland vergleichsweise wenige Spender vorhanden sind, gleichzeitig aber überproportional Spenden bekommt.
Noch ein wichtiger Hinweis für die die ganz sicher nicht spenden wollen und ein Reise nach Bulgarien planen.
Dort gibt es ein sogenanntes Notstandsrecht und da wird jeder zum Organspender, ob er will oder nicht.
Für den Rest von Europa, wo teilweise die Widerspruchsregelung gilt, sollte man einen Organspendeausweise dabei haben auf dem man explizit widerspricht sonst kann es ebenfalls zu Entnahmen kommen.