12.08.2018, 10:10
(11.08.2018, 18:33)PuK schrieb: Leicht offtopic:
Stimmt, er war mal Kanzlerkandidat für die SPD, hat dann aber gegen Kohl verloren.
Im Wahlkampf hat es in Augsburg ein "politisches Konzert" gegeben, mit mehreren Bands, "Stimmen für Oskar" hieß das, und war glaube ich in der Schwabenhalle. Da war ich auch und war auch ziemlich weit vorne im Publikum. Bevor das Konzert anfing, hat Lafontaine zehn Minuten oder eine Viertelstunde auf der Bühne gesprochen. Es war eine kurze Rede, den Umständen geschuldet, denn eigentlich ging es ja um Musik. Aber der Mann hat eine unheimlich starke Ausstrahlung, wenn man ihn live sieht. Und beim ersten Mal, wenn man ihn bisher nur aus dem Fernsehen kannte, ist man total überrascht davon. Das sagten auch meine Kumpels, die mit mir dort waren. Man glaubt dem einfach jedes Wort, wenn er live redet. Das kommt im Fernsehen einfach nicht rüber. Im Fernsehen kommt zwar ganz gut rüber, dass er ein guter Rhetoriker ist, aber relativ abstrakt und analytisch. Um ihm wirklich zu glauben, was er sagt, muss man ihn live sehen.
Das war dann das einzige Mal in meinem Leben, dass ich SPD gewählt habe. Aber sie wurden es dann nicht, Kohl machte noch jahrelang weiter. Und Lafontaine war ja kurz darauf eh nicht mehr bei der SPD. Ich bin also nicht schuld an irgendwas.
Tja, Lafontaines Rücktritt hat ja die SPD ins Innerste getroffen und man (SPD-Minister + SPD-Wähler) hat wohl erst nach seinem Rückzug gemerkt, dass man das linke Gewissen aus der Partei vertrieben bzw. rausgeeckelt hatte.
Dementsprechend hektisch und übertrieben wurde dann ja auch eine Anti-Lafontaine-Kampagne gestartet. Tenor: Oskar ist ein Verräter, ein feiger zudem, weil er die Partei im Stich gelassen hat. Die Medien, damals überwiegend Schröder ergeben, haben da kräftig mitgemischt.
Geschichtsklitterung nennt man so etwas, wenn man sich eine ruhige und sachliche Beurteilung abringt.
Eins dürfte wohl sicher sein. Wäre Lafontaine damals nicht nur Parteivorsitzender, sondern an Schröders statt Kanzler gewesen oder geworden, sähe Deutschland heute anders aus.
Wie, weiß man natürlich nicht genau, aber mit Lafontaines Herz für die "kleinen Leute", seinem sozialen Gewissen und seiner pazifistischen Einstellung wäre höchstwahrscheinlich Hartz4 nicht möglich gewesen sowie die militärische Beteiligung im Kosovokrieg und alle weiteren Kriegseinsätze im Ausland nicht so leicht möglich gewesen (die Abhängigkeit von der NATO wäre da ein gewisser Hemmschuh gewesen).
Das hätte bis heute stark nachgewirkt.
Und nein, H4 ist nicht alternativlos, nichts ist alternativlos, es gibt immer mindestens zwei Lösungen.
Das nur, um entsprechenden Klugscheißereien zuvorzukommen.