28.07.2018, 20:33
(28.07.2018, 20:04)Serge schrieb: Die sozialistische Regierung in Spanien wird ihr blaues Wunder noch erleben.
Das Dumme daran ist nur, dass es eben nicht nur Spaniens Regierung betrifft. Denn wenn die in Spanien sind, herrscht EU-weite Personenfreizügigkeit.
Ich frage mich sowieso, was diese beiden spanischen Enklaven in Marokko sollen. Das ist sauteuer und bringt weder Spanien noch Marokko irgendetwas außer haufenweise Komplikationen und Probleme.
Ceuta beherbergt auf einer Fläche von 18,5 km² etwa so viele Einwohner wie Konstanz am Bodensee, ca. 85.000. Lohnt sich das, kann sich das lohnen, deshalb eine Enklave auf einem anderen Kontinent zu haben und sie mit Zähnen und Klauen zu verteidigen? Und kann es den Leuten dort dauerhaft Spaß machen, in einem so kleinen Gebiet zu wohnen, dessen eine Grenze der Strand ist und das auf der anderen Seite von einem sechs Meter hohen Zaun begrenzt wird?
Das ist doch ein Freiluftgefängnis, selbst für die, die schon drin sind und da offiziell wohnen. Ich würde da wegwollen.
Aber in Marokko denkt man darüber ein bisschen anders, ich weiß. Es liegt auch an der Wüste. Es geht zum Beispiel in Marrakesch ganz einfach nicht, am Wochenende mal kurz raus vor die Stadt zu fahren, so wie wir am Wochenende an den Baggersee fahren oder einen Waldspaziergang machen. Da draußen in der Umgebung ist nämlich nichts, nur tödliche Wüste. Man muss Hunderte von Kilometern fahren, bis man die nächste nennenswerte Siedlung erreicht. So ähnlich, wie wenn man von Augsburg aus nach Heidelberg oder mindestens Nürnberg fahren müsste, um wieder auf Zivilisation zu treffen. Alles dazwischen muss man sich wegdenken bei diesem Gedankenexperiment, außer der reinen Entfernung*. So eine Fahrt würde man nur unternehmen, wenn sie unbedingt notwendig ist, aber nicht mal eben zum Spaß. Also bleibt man, wenn man in Marrakesch wohnt, in der Praxis so gut wie ständig in der Stadt, auch wenn einem theoretisch niemand verbietet, sie jederzeit zu verlassen.
Die Leute dort haben sich daran gewöhnt, denen fällt das gar nicht auf, dass ihr Aktionsradius äußerst begrenzt ist. Nur als Europäer merkt man das, wenn man im Urlaub dort ist. Weil man sich dort festgenagelt vorkommt wie ein toter Schmetterling mit einer Stecknadel quer durch hinter Glas. Was bei uns ein kleiner Ausflug wäre, den man am Nachmittag machen kann, um abends wieder daheim zu sein, gerät dort zwangsläufig zu einer größeren Unternehmung, die sorgfältig geplant und vorbereitet sein will.
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* Und außer der Autobahn. Die haben nämlich tolle Autobahnen dort. Da fehlt nichts, weder die Standspur noch die Überholspur. Sieht genauso aus wie bei uns, wirft aber auch bei 40° C und mehr keine Blow-Ups. Qualitätsarbeit. Nur dass auf beiden Seiten der Strecke durchgehend hohe Maschendrahtzäune sind, damit Wildtiere oder Kamele nicht plötzlich auf der Straße stehen. Die Autobahnen in Marokko haben übrigens die Chinesen gebaut. Die tun tatsächlich was in Richtung Entwicklungshilfe, während Deutschland Syrien zerbombt und hilflos vor dem Chaos in Libyen steht, die beide sehr gut funktionierende Länder waren, bevor die westliche Wertegemeinschaft ins Geschehen eingegriffen hat.
Abschließender Reisetipp: Man sollte sich auf diesen Autobahnen unbedingt an die vorgeschriebenen 120 km/h halten, vielleicht vorsichtshalber lieber 110, denn alle 20 Kilometer steht irgendwo hinter einem Felsen am Straßenrand ein Polizeiauto oder -motorrad mit einer Radarfalle. Und die Cops verstehen da unten eher keinen Spaß. Sie schicken auch nicht Bußgeldbescheide vier Wochen später mit der Post, sondern sie lösen das Problem sofort und an Ort und Stelle. Deshalb sollte man dort immer umgerechnet ungefähr 50 € Bargeld in kleinen Scheinen dabeihaben. Und seinen Reisepass, um das Bargeld bei der Kontrolle der Personalien unauffällig zwischen die hinteren Seiten klemmen zu können. Das hilft generell, auch bei anderen kleinen (Zwanni) bis mittleren (Fuffi) Delikten. Oberhalb davon ist dann aber das Ende der Fahnenstange erreicht. Da hilft dann auch kein Bargeld und kein verbindliches Auftreten mehr. Spätestens, wenn einer verletzt oder tot daliegt, verlieren auch die das letzte Bisschen Humor und tun nur noch ihre Pflicht.