03.07.2018, 22:43
Ach ja, P.S.
Ich bewundere meine Oma. Die eine, die andere wusste angeblich von nichts und hat geschaut, wie's Schwalberl wenn's blitzt, als sie 1946 mit ihrem 5-jährigen Sohn, der mein Vater war, aus der Tschechei ausgewiesen wurde.
Aber die andere Oma, die Mutter meiner Mutter, hatte eine Außenstelle des KZs Dachau vor der Nase. Und sie hatte einen Bauernhof und sah von ihrem Fenster täglich diese ausgemergelten und kahlgeschorenen Gestalten in gestreiften Anzügen, die auf dem Feldweg von der SS morgens zur Arbeit und abends wieder zurück getrieben wurden. Und dass man so viele Menschen einsperren muss, ging ihr nicht in den Kopf. Sie war zwar Bäuerin und besaß nur einen Grundschulabschluss und keine formale Ausbildung, aber sie hatte Menschenkenntnis. Die hat man als Bauer oder Bäuerin entweder oder man ist für den Beruf ungeeignet. Und so schlecht sind die meisten Menschen erfahrungsgemäß nicht, dass sie eine solche Behandlung verdient haben.
Und dann hat sie halt getan, was sie konnte. Das schlimmste Problem im Lager war offensichtlich der Hunger. Und es kann ja mal sein, dass eine Bäuerin, die den Feldweg auch benutzt, was verliert. Da fällt halt einfach ein halber Laib Brot vom Wagen oder so, kann ja mal vorkommen. Und dann hat sie halt regelmäßig zufällig was verloren, in der Hoffnung, dass es von den Richtigen und nicht von den Falschen gefunden wird. Sie wird für immer offiziell ungeehrt bleiben. Das weiß nämlich kaum einer. Ihre Kinder wollten von der "Hitlerzeit" nichts mehr wissen und haben alles abgeblockt. Nur ich habe mich dafür interessiert, und dann hat sie mir das so erzählt, kurz bevor sie starb. Eine stille Heldin, die wahrscheinlich mehr erreicht hat als die angeblichen Widerstandskämpfer, von denen keiner letztlich erfolgreich war und die alle umgekommen sind, weil sie es falsch anpackten.
Das, dieser stille Widerstand, wäre wohl auch meine Methode gewesen. Sachen, aus denen man sich überzeugend herausreden kann. Denn wie schon gesagt, erst mal geht es darum, selbst am Leben zu bleiben. Sonst kann man den anderen nämlich gar nicht mehr helfen und wird auch vernichtet in so einer Situation. Die Geschwister Scholl waren da sehr blauäugig in der Frage, was Widerstand kann und was er nicht kann. Und sie haben es mit dem Leben bezahlt. Haben die was von den nachträglichen Auszeichnungen und Filmen und Büchern? Nö. Denn die wurden einen Kopf kürzer gemacht. Das muss man in jedem Fall vermeiden, wenn du mich fragst und zuletzt lachen willst.
Ich bewundere meine Oma. Die eine, die andere wusste angeblich von nichts und hat geschaut, wie's Schwalberl wenn's blitzt, als sie 1946 mit ihrem 5-jährigen Sohn, der mein Vater war, aus der Tschechei ausgewiesen wurde.
Aber die andere Oma, die Mutter meiner Mutter, hatte eine Außenstelle des KZs Dachau vor der Nase. Und sie hatte einen Bauernhof und sah von ihrem Fenster täglich diese ausgemergelten und kahlgeschorenen Gestalten in gestreiften Anzügen, die auf dem Feldweg von der SS morgens zur Arbeit und abends wieder zurück getrieben wurden. Und dass man so viele Menschen einsperren muss, ging ihr nicht in den Kopf. Sie war zwar Bäuerin und besaß nur einen Grundschulabschluss und keine formale Ausbildung, aber sie hatte Menschenkenntnis. Die hat man als Bauer oder Bäuerin entweder oder man ist für den Beruf ungeeignet. Und so schlecht sind die meisten Menschen erfahrungsgemäß nicht, dass sie eine solche Behandlung verdient haben.
Und dann hat sie halt getan, was sie konnte. Das schlimmste Problem im Lager war offensichtlich der Hunger. Und es kann ja mal sein, dass eine Bäuerin, die den Feldweg auch benutzt, was verliert. Da fällt halt einfach ein halber Laib Brot vom Wagen oder so, kann ja mal vorkommen. Und dann hat sie halt regelmäßig zufällig was verloren, in der Hoffnung, dass es von den Richtigen und nicht von den Falschen gefunden wird. Sie wird für immer offiziell ungeehrt bleiben. Das weiß nämlich kaum einer. Ihre Kinder wollten von der "Hitlerzeit" nichts mehr wissen und haben alles abgeblockt. Nur ich habe mich dafür interessiert, und dann hat sie mir das so erzählt, kurz bevor sie starb. Eine stille Heldin, die wahrscheinlich mehr erreicht hat als die angeblichen Widerstandskämpfer, von denen keiner letztlich erfolgreich war und die alle umgekommen sind, weil sie es falsch anpackten.
Das, dieser stille Widerstand, wäre wohl auch meine Methode gewesen. Sachen, aus denen man sich überzeugend herausreden kann. Denn wie schon gesagt, erst mal geht es darum, selbst am Leben zu bleiben. Sonst kann man den anderen nämlich gar nicht mehr helfen und wird auch vernichtet in so einer Situation. Die Geschwister Scholl waren da sehr blauäugig in der Frage, was Widerstand kann und was er nicht kann. Und sie haben es mit dem Leben bezahlt. Haben die was von den nachträglichen Auszeichnungen und Filmen und Büchern? Nö. Denn die wurden einen Kopf kürzer gemacht. Das muss man in jedem Fall vermeiden, wenn du mich fragst und zuletzt lachen willst.