05.10.2017, 10:58
(05.10.2017, 10:26)Serge schrieb: Sehr gut, PuK, du bist mir zuvorgekommen. Genau dazu bzw. genau das wollte ich als Antwort an Sophie schreiben.
@Sophie
Hier noch zwei lesenswerte Artikel, der eine von einer Kommunikations- und Sprachwissenschaftlerin, der andere aus der ZEIT über die Rolle des Englischen als sogenannte Weltsprache.
Ich weiß auch nicht, wie du auf die Idee gekommen bist, den Menschen auf den verschiedenen Erdteilen eine Weltsprache verpassen zu wollen. Das wäre das Ende jeder sich über Jahrtausende hin entwickelt habenden Kultur, das wäre eine Orwellsche Dystopie.
Zur Ergänzung von PuK's Ausführungen zum Kolonialismus:
Man braucht nicht nach Afrika gehen, um zu sehen, was Sprachimperialismus ist.
In Frankreich war das Bretonische, eine Sprache mit keltischen Wurzeln, das dem Gälischen in Wales ähnelt, bis in die 60-er Jahre nicht nur offiziell verpönt, sondern Kinder, die in der Schule bretonisch sprachen, wurden von den Lehrern mit Prügeln und Nachsitzen bestraft oder/und mussten sich Schilder um den Hals hängen lassen, auf denen stand, dass sie dumme und vulgäre Bretonen sind.
Als ich das erste Mal in der Bretagne war - es war Mitte der 70-er Jahre - war das Aufbegehren gegen die staatliche Unterdrückung der bretonischen Kultur deutlich zu spüren. In jeder kleinen Gemeinde - und den größeren Orten sowieso - fanden an den Wochenende Tanz- und Musikveranstaltungen statt, Festou-Noz genannt, mit traditionellen Liedern, natürlich auf Bretonisch gesungen, und bretonischen Tänzen (z.B. Reihentänzen), und die einheimischen Besucher sprachen ganz selbstverständlich bretonisch. Mit uns Touristen natürlich französisch.
Erst ab Ende der 70-er konnte Bretonisch in den Schulen als Wahlfach oder sogar als Abifach gewählt werden, aber erst seit Mitte der 80-er Jahre gibt es zweiprachige Ortsschilder, z.B. Rennes/Roazhon, Morlaix/Montroulez, Concarneau/Konk-Kerne usw.
Nein es ist nicht sehr gut, Serge, vor allem nicht, weil Du die Zeile mit dem Wegnehmenwollen heraushebst. Damit tust auch Du so, als ob ich das wollte. Habe ich nie irgendwo geschrieben und deshalb waren die ganzen folgenden Ausführungen aus PuKs Feder hübsch formulierter Beikram, der nichts mit meiner Intention zu tun hat. Mein Ansatz basiert auf einer freiwillige Übereinkunft der Nationen.
Und das was eine Sprachwissenschaftlerin sagt, ist auch nicht besonders aussagekräftig , weil niemand, dessen Profession quasi überflüssig würde, für eine derartige Veränderung ist. (Fragt nicht die Steuerberater, ob es ein vereinfachtes Steuersystem geben kann)
Aber wenn Du schon auf Frau Grüling verweist, darf ich sie auch zitieren:
>>Frage: Ich selber spreche kein Spanisch. Habe ich trotzdem eine Chance, Spanien und die Spanier richtig zu verstehen?Ich kann vieles über fremde Kulturen erfahren, ohne die entsprechende Sprache zu sprechen. Gleichzeitig wird mir ein nicht unwichtiger Teil verschlossen bleiben. Das vollständige Verständnis lässt sich auch nicht durch eine reine Übersetzung, beispielsweise eines Buches, erreichen. Die Übersetzung selbst ist eine Transferleistung – letztendlich ist das Übersetzte aber nicht dasselbe wie das Original, sondern nur etwas meiner Kultur Entsprechendes.
Frage: Reicht es eigentlich nicht, wenn man sich in seiner jeweiligen Muttersprache gut auskennt und dazu auch in der Lingua Franca, also Englisch?
Mit dem Beherrschen der Muttersprache und einem guten Englisch wäre sicherlich viel erreicht. Aus meiner Sicht ist es aber ein Fehlschluss, zu glauben, dass eine hundertprozentige Verständigung allein durch gutes Englisch erreicht werden kann. Die europäische Fremdsprachenpolitik geht deshalb darüber hinaus und ermöglicht die Beherrschung noch einer weiteren Fremdsprache neben dem Englischen. Ein tieferes Verständnis für Kulturen erreicht man eben nur durch Mehrsprachigkeit.<<
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Ah ja. Doch also.
Wer nicht diesselbe Sprache spricht, dem bleiben Feinheiten des Ausdrucks verschlossen, der kriegt nur ungefähr mit was der andere ausdrücken will, was sich auch durch Dolmetschen und Übersetzung nicht beheben lässt und weil man das selbst dann, wenn noch zusätzlich Englisch gesprochen wird für doch nicht optimal hält, soll man noch ein zwei drei weitere Fremdsprachen lernen umd ein TIEFES VERSTÄNDNIS für die Kulturen zu erreichen.
Das spricht doch eigentlich (für) MEINE SPRACHE
Wie viele Fremdsprachen kann denn der Durchschnittsmensch so erlernen, dass ihm das möglich ist, was Frau Grüling vorschwebt? Und die anderen versteht man halt weiterhin nicht.
Sprache ist nunmal ursprünglich kein Selbstzweck wie Musik, Malerei, Tanz, Mode etc.
Sprache dient der Verständigung. Und genau dort wo man sie nicht gemeinsam spricht, erfolgt die Abgrenzung, das Ausgrenzen, das Nichtzusammengehörigkeitsgefühl.
Dass der Mensch keine gemeinsame Sprache spricht hat sich aus seiner Entwicklung ergeben. Dies muss aber deshalb nicht gut sein, nicht für gut gehalten werden und nicht auf immer so bleiben.
Wer das nicht begreift, nicht begreifen mag - ich bin ihm nicht böse. Beharrt nur auf dem Kleinklein und haltet das auch noch für bereichernd. Wer nur deshalb eine Identität hat, weil er so redet, dass ihn möglichst wenig verstehen, ist doch arm dran, oder nicht?
Eigentlich wurde noch jeder für eine große Idee anfangs ausgelacht, für naiv und verschroben erklärt. Deshalb kann ich mit Eurerm Unverständnis und Eurer HÄME gut leben.