05.10.2017, 10:26
(05.10.2017, 07:58)PuK schrieb: Das ist politisch nicht durchsetzbar, nirgends. Gottseidank. Das ist nämlich im Grunde faschistisch. Den Leuten zwangsweise eine Sprache aufzudrücken, ist kolonialistisches Verhalten. Genau das, was du in Afrika beobachten kannst, wo sie Französisch oder Englisch sprechen und ihre eigenen Sprachen z.T. "vergessen" haben.
Das wurde mit Vorsatz gemacht, um die einheimische Kultur zu zerstören und die Menschen besser versklaven zu können, und genau so wurde es empfunden. Und so würden es die Leute auch empfinden, wenn man das heute versuchen würde. Völlig egal übrigens, mit welchen Absichten das versucht würde. Es könnten die besten Absichten sein, der pure Weltverbesserungsdrang, aber die Menschen würden es als Frontalangriff empfinden und sich dagegen wehren, wenn sie können.
Ich bin überrascht, solche (Schnaps)-Ideen von dir zu lesen.
Sprache ist ein, wenn nicht der Kultur- und Identitätsträger, da kannst du dich auf den Kopf stellen und mit den Füßen wackeln. Und wer sie den Leuten wegnehmen will, der sollte sich in acht nehmen und immer gut bewaffnet sein.
Sehr gut, PuK, du bist mir zuvorgekommen. Genau dazu bzw. genau das wollte ich als Antwort an Sophie schreiben.
@Sophie
Hier noch zwei lesenswerte Artikel, der eine von einer Kommunikations- und Sprachwissenschaftlerin, der andere aus der ZEIT über die Rolle des Englischen als sogenannte Weltsprache.
Ich weiß auch nicht, wie du auf die Idee gekommen bist, den Menschen auf den verschiedenen Erdteilen eine Weltsprache verpassen zu wollen. Das wäre das Ende jeder sich über Jahrtausende hin entwickelt habenden Kultur, das wäre eine Orwellsche Dystopie.
Zur Ergänzung von PuK's Ausführungen zum Kolonialismus:
Man braucht nicht nach Afrika gehen, um zu sehen, was Sprachimperialismus ist.
In Frankreich war das Bretonische, eine Sprache mit keltischen Wurzeln, das dem Gälischen in Wales ähnelt, bis in die 60-er Jahre nicht nur offiziell verpönt, sondern Kinder, die in der Schule bretonisch sprachen, wurden von den Lehrern mit Prügeln und Nachsitzen bestraft oder/und mussten sich Schilder um den Hals hängen lassen, auf denen stand, dass sie dumme und vulgäre Bretonen sind.
Als ich das erste Mal in der Bretagne war - es war Mitte der 70-er Jahre - war das Aufbegehren gegen die staatliche Unterdrückung der bretonischen Kultur deutlich zu spüren. In jeder kleinen Gemeinde - und den größeren Orten sowieso - fanden an den Wochenende Tanz- und Musikveranstaltungen statt, Festou-Noz genannt, mit traditionellen Liedern, natürlich auf Bretonisch gesungen, und bretonischen Tänzen (z.B. Reihentänzen), und die einheimischen Besucher sprachen ganz selbstverständlich bretonisch. Mit uns Touristen natürlich französisch.
Erst ab Ende der 70-er konnte Bretonisch in den Schulen als Wahlfach oder sogar als Abifach gewählt werden, aber erst seit Mitte der 80-er Jahre gibt es zweiprachige Ortsschilder, z.B. Rennes/Roazhon, Morlaix/Montroulez, Concarneau/Konk-Kerne usw.