Ich bin mit dem Spiegel und Pardon groß geworden, auch mit der FR und der SZ. Und mit den damals (überwiegend) regierungskritischen Magazinen Report und Monitor
Alles Publikationen, die in den 60-er, 70-er und 80-er Jahren, also in der Zeit der Regierungen Adenauer, Erhard, Kiesinger, Brandt, Schmidt und Kohl, die Politik und das gesellschaftliche und kulturelle Geschehen in Deutschland kritisch und insgesamt ziemlich unparteiisch begleiteten. Die gemäßigt linke, eher sozialdemokratische Positionierung dieser Pressemedien, die sich geradezu zwingend angesichts der CDU/CSU-Übermacht vor allem bei den ersten drei Regierungen zeigte, änderte sich natürlich nicht unter Brandt und Schmidt, aber kritisch wurde dennoch berichtet. Besonders Schmidt (Atomkraft, NATO-Doppelbeschluss) wurde heftig angegangen.
Auch Kohl und Schröder wurden von den Medien, auch von den oben genannten, kritisch bis sehr kritisch begleitet.
Davon kann seit der Merkelschen Regierungsära kaum mehr die Rede sein. Die Verwischung der Konturen der Parteien nahm kritischer Berichterstattung und Kommentierung regelrecht die Luft zum Atmen. Die SPD von Merkel bis auf's Skelett ausgesaugt, die CDU ob der Wahlerfolge, obwohl intern durchaus gespalten, fest hinter Merkel, die Grünen (70%-Partei der Journalistikbranche) als heimliche Regierungspartei, auf die sich Merkel bei ihren Kernthemen EU, Energiewende und Flüchtlingspolitik mehr stützen konnte und kann als auf die eigene Partei, die FDP eher bedeutungslos, das ist das große weite Mittelfeld, dass am Rand nur noch die "Linkspopulisten" und vor allem die "Rechtspopulisten" übriglässt.
Und auf letztere lässt sich wunderbar eindreschen.
Wer sich nicht dem Meinungskartell aus Regierung mit ihren Spitzen Merkel und Altmaier, dazugehörigen Denkfabriken wie der Europäischen Stabilitätsinitiative e. V. (Türkei-Deal) und medialem Mainstream quer durch fast alle Medien bis hin zu den ÖR (Slomka, Kleber, Tina Hassel
* - tief in Merkel-Grün eingefärbt) ergibt, wird als rechts bis rechtaußen abgestraft und gesellschaftlich ins Abseits geschoben.
Da darf man froh sein - ich bin es jedenfalls - wenn man mal einen anderen, kritischeren Blick auf die Politik und die Gesellschaft in Deutschland geliefert bekommt, wie z.B. in den politisch konservativen Magazinen Cicero, Publico und auch TE. Der pädagogischen Dauerberieselung aus dem medialen Mainstream kann man sowieso nicht entrinnen.
Egal ob man allem, manchem oder nur teilweise zustimmt. Sie sind der Rest an medialer Regierungs-Kritik, die verblieben ist.
Kritik aus einer ernstzunehmenden medialen linken Ecke gibt es leider nicht mehr (ich spreche hier nicht von Internetblogs, SM etc.)
So gesehen braucht man sich nicht über einen Relotius wundern. Er hat lediglich in übertriebener und zu offensichtlicher Weise das erfüllt, was an meinungsbildendem bzw. volksmissionierendem Auftrag von ihm erwartet und in letzter Konsequenz auch verlangt wurde.
PS: Man sollte sehr skeptisch und vorsichtig sein, wenn Spiegel und andere Mainstream-Medien abträglich über andere Medien schreiben. Das tun sie nicht, weil sie so unparteiisch und nur an der Wahrheit interessiert sind.
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* Aus Wikipedia:
Tina Hassel
Zitat:Im Zuge ihrer Berichterstattung über die Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen Anfang 2018 für die ARD wählte Hassel in Tweets mehrfach Formulierungen,[9][10][11] die von verschiedener Seite als unangemessen und nicht neutral betrachtet wurden: Michael Hanfeld sprach in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von Stimmungsmache mittels einer „Salve von Juchz-Meldungen“,[12] Alexander Will in der Nordwest-Zeitung von „massivem medialen Flankenschutz“ für Bündnis 90/Die Grünen.[13] Jochen Bittner vermisste auf Zeit Online jene „professionell-nüchterne Distanz“, der insbesondere der gebührenfinanzierte Öffentlich-rechtliche Rundfunk gerecht werden müsse.[14] Hassel wies den Vorwurf mangelnder Distanz zurück.[15]
Interessant die Fußnoten [9], [10] und [11], die zu den aufschlussreichen Tweets von Tina H. führen, sowie die Kommentare zu den Tweets.