(25.08.2018, 23:10)sobinichhalt schrieb: Die Menschheit ist viel zu naiv, politisch uninteressiert, kann hinter das große Ganze gar nicht blicken, vielen fehlt auch die Zeit.
Das wird auch nicht besser, sondern viel schlimmer. Neulich habe ich mit Jugendlichen diskutiert, die ich zufällig auf dem Rathausplatz getroffen habe. Ich saß halt auf der Bank daneben und deren Gespräch ging so vage über Politik, da habe ich mich ein bisschen eingemischt.
Das Gespräch dauerte nicht lange, etwa so zehn Minuten, aber am Schluss der Diskussion waren mir zumindest zwei Dinge klar:
1. Die Jugend von heute bekommt im Geschichtsunterricht offenbar keinen zeitlichen Überblick mehr, auch nicht über die jüngere Vergangenheit. Es stellte sich nämlich heraus, dass sie nicht wussten, was früher war, Hitler oder Baader-Meinhof. Sie hatten zwar von beidem schon mal nebulös gehört, hatten aber keine Ahnung, wann das stattgefunden haben könnte. "Nebulös" deshalb, weil ihnen Dinge wie die "Landshut"-Entführung nach Beirut und die Connection der RAF zu den Palästinensern völlig fremd waren. Ganz zu schweigen darüber, wie das alles nun wieder mit Israel zusammenhängt. Die wenigstens ungefähre Abfolge des zweiten Weltkriegs kannten sie auch nicht. Ganz einfache Fragen, z.B. was zuerst erobert wurde, Frankreich oder Polen, wussten die nicht. Die waren schon bei ganz grundsätzlichen Dingen, ohne die man die heutige Welt m.E. nicht verstehen kann, völlig überfordert. Und dann erübrigt sich es auch irgendwie, eine Diskussion zu führen, wenn man Grundwissen erst mal Leuten mit keinerlei Grundlage erklären müsste.
2. Sie hatten von der politischen Richtung der RAF keinen blassen Schimmer. Sie waren sich einig, dass die RAF "so ähnlich wie die Nazis" war. "Also haltet ihr die RAF für politisch rechts?", habe ich gefragt. Die Frage wurde einstimmig bejaht. Die kennen also offenbar den Unterschied zwischen rechts und links auch nicht mehr.
Erschreckend und entsetzlich. Für die ist alles vor ihrer Geburt irgendwann kurz vor dem Jahr 2000 ein Mysterium. Sie haben bestenfalls keine Ahnung, schlimmstenfalls aber grotesk falsche Ansichten darüber. Es interessiert sie auch nicht. Wenn man versucht, ihnen darüber zu erzählen, machen sie zu. Viel zu lange her alles. Man läuft da gegen eine Wand. Dabei wäre das gerade bei denen in ihrem Alter so wichtig, weil man die Gegenwart nicht verstehen kann, wenn man nichts über die Vergangenheit weiß. Aber sie sind der festen Überzeugung, das betreffe sie alles nicht.
Ok, das waren vermutlich Jugendliche, die gerade ihren Hauptschulabschluss gemacht hatten. Gymnasiasten waren das nicht. Aber auch Jugendliche mit Hauptschulabschluss sollten bei Hitler und der RAF wenigstens die Reihenfolge wissen. Und sie sollten wissen, dass die Ideologie eben nicht die selbe war. Da fragt man sich dann schon, wo das noch hinführen soll mit so einer (Entschuldigung) verblödeten Jugend, und warum niemand was dagegen tut. "Bildung, Bildung, Bildung!" hat Merkel mal ausgerufen. Das ist mehrere Jahre her. Hätte sie ihr Versprechen umgehend eingelöst, wäre den Jugendlichen vom Rathausplatz vielleicht noch zu helfen gewesen. Jetzt sind sie verloren.
Man sollte die Demokratie natürlich vor solchen Wählern schützen, wenn sie 18 werden. Ich habe deshalb schon im alten AZ-Forum für einen "Wahlführerschein" plädiert, also dafür, dass man erst an politischen Wahlen teilnehmen darf, wenn man nicht nur 18 ist, sondern auch eine Prüfung in politischem und geschichtlichem Wissen abgelegt hat, ähnlich einer Führerscheinprüfung. Nichts Kompliziertes, nur so ein bisschen Grundwissen, das würde schon reichen, um die Spreu vom Weizen zu trennen.