11.01.2018, 22:02
(11.01.2018, 21:56)EvaLuna schrieb: Beim Lesen dieses Beitrags beschleicht mich zwischendurch der Gedanke, dass die Frauen ja eigentlich selbst dran schuld sind? Nichts dazu gelernt, nicht genügend gekämpft, zu lange geschwiegen (s. meine Markierungen)....?
So kann nur ein Mann argumentieren, der ja nicht wissen kann wie sich eine Frau nach einem sexuellen Übergriff oder gar Vergewaltigung fühlt. Vor allem seitens Vorgesetzten, bekannten Persönlichkeiten etc., also bei Abhängigkeitsverhältnissen.
Die Frauenbewegung in den 70ern hat doch nicht alle Mädchen und Frauen über Nacht zu selbstbewussten und mutigen Wesen gemacht! Das war und ist ein langer Prozess! Auch heute wird mit Sicherheit nur ein Bruchteil aller Übergriffe angezeigt oder öffentlich gemacht.
Es war kaum vorstellbar, einen Vorgesetzten anzuzeigen oder öffentlich an den Pranger zu stellen. Verdrängung, Schweigen und große Scham, oft über Jahrzehnte, waren die Folgen.
Für manche Traumatisierung und ein ewiges Ohnmachtsgefühl bis hin zum Hass auf Männer oder zumindestens ein gestörtes Vertrauensverhältnis und Respektverlust.
Vor allem die Angst, dass einem sowieso niemand glaubt und die Aufruhr, die es in einem Betrieb, in der Öffentlichkeit gegeben hätte, war zu übermächtig. Abgesehen vom ziemlich sicheren Jobverlust.
Ich weiß von was ich schreibe.....ich könnte einige Geschichten erzählen von einem Vorstandsvorsitzenden einer AG, der mit über 60 versucht hat, eine 17-jährige Auszubildende zu vergewaltigen bis zu einem Geschäftsführer einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, der bekannt dafür war, seine jüngeren weiblichen Angestellten mit Anzüglichkeiten zu belästigen und am Abend mal an deren Wohnungen vorbei spazierte, was er dann so nebenbei im Büro unter vier Augen verlauten ließ.
Es hieß, er griff mal gerne unter fremde Röcke. Das hat sich auch nicht geändert als er sich von seiner Ehefrau nach Jahrzehnten scheiden ließ und eine wesentlich jüngere Angestellte heiratete. Es hieß, die zweite Frau hat ihm dann die kalte Schulter gezeigt und seine Jagd auf sexuelle Abenteuer hat kein Ende gefunden.
Niemand hat sich jeh getraut, etwas gegen die beiden Herren zu unternehmen. Jetzt sind sie schon lange tot. So war das in den 70ern und 80ern. Und ich befürchte, in ähnlich gelagerten Fällen wäre das heutzutage auch noch so. Je größer der Statusabstand, desto schwieriger ist es, jemanden an den Pranger zu stellen.
Allerdings, meinem Gefühl nach ist dieses Verhalten für solche Herren in größeren Unternehmen heutzutage nicht mehr so leicht und häufig, da es mehr Anlaufstellen gibt und innerbetriebliche Regelungen, aber die Dunkelziffer ist nach wie vor sehr hoch.
Dass diese Debatte auch emotional geführt wird (seitens der Frauen) liegt auf der Hand. Dass manche Männer damit nicht viel anfangen können, auch. Längst Verschüttetes kommt zutage, oft eben nach Jahrzehnten. Das ist nur die kleine Spitze des Eisbergs. Es geht eben nicht nur um verbale Belästigungen und Anmache, sondern in vielen Fällen um körperliche Gewalt.
Wenn es dann um Abhängige geht, ist es besonders schlimm, ob jetzt Schauspielerinnen oder die Frau von nebenan, die von ihrem Mann regelmäßig misshandelt und vergewaltigt wird.
Das jetzt pseudo-feminstisch zu nennen, ist eine ungerechtfertigte und böse Anmaßung.
Eine Mitverantwortung haben sie schon, und nicht zu wenig. Was ich ja auch versucht habe zu erläutern.
Ich spreche hier - und auch in meinem längeren Beitrag tat ich das - vor allem von den #MeToo-Aktivistinnen, deren Verhalten ich kritisiert habe. Dass sexuelle Übergriffe von Männern in Entscheidungspositionen in der Filmwelt weltweit keine Seltenheit sind, dürfte unbestreitbar sein. Dass dies auch in anderen Bereichen stattfindet, ebenso. Letztlich überall, wo Abhängigkeitsverhältnisse herrschen. Und überall gleich schlimm und gleichermaßen zu verurteilen. Aber erst nach einem Vierteljahrhundert und nach einer meist erfolgreichen Karriere als Schauspielerin die Karten aufzudecken, wo man also selbst nichts mehr verlieren und sogar noch einmal groß im Fokus der Öffentlichkeit stehen kann und auch der Täter bzw. der Betroffene selbst meist nicht mehr strafrechtlich belangt werden kann, das ist weder besonders mutig noch besonders ehrbar. Es riecht nach Abrechnung, nach Rache, und auch nach Theatralik. Siehe der inoffizielle schwarze Dress-Code bei der Globes-Verleihung (ist doch niemand gestorben, oder?).
Ganz zu schweigen davon, was Vorredner wie KuP und andere über die juristische und gesellschaftliche Dimension solch rücksichtsloser populistischer Kampagnen schon geschrieben haben.
PS: Zu Ihrem letzten Satz nur Folgendes.
Feministinnen haben gekämpft, sich zur Wehr gesetzt und dabei große persönliche Nachteile auf sich genommen. Die #Metoo-Jüngerinnen sitzen vor ihrem Labtop und bezichtigen Jahrzehnte später Männer, die sie tatsächlich oder angeblich vergewaltigt haben oder vergewaltigen wollten. Mehr als eine Unterlassungsklage droht ihnen dabei in der Regel nicht. Sind das also Feministinnen? Zudem liegt beim Beschuldigten die ganze Beweislast, und ihm glaubt niemand. So macht man Menschen gesellschaftlich kaputt. Dass einige Beschuldigte ihre Übergriffe im Nachhinein zugegeben und sich entschuldigt haben, macht die #MeToo-Kampagne nicht besser.