(07.01.2018, 12:02)Klartexter schrieb: Dass jemand in der Opposition etwas besser durchsetzen kann ist ein Märchen aus 1001 Nacht. In der Opposition kann man zwar publikumswirksam alle möglichen Forderungen stellen, wohlwissend dass man ja nicht in Regierungsverantwortung steht, aber entschieden wird nun mal von der Regierung, nicht von der Opposition. Und eine Minderheitsregierung wird von der Union kategorisch abgelehnt, also braucht man darauf auch keinen Gedanken verschwenden. Denn gibt es keine GroKo, dann gibt es eben Neuwahlen. Und bei denen ist die Union dann immer noch im Vorteil, der SPD bringen Neuwahlen eher nichts.
Quatsch. Mit einer Minderheitsregierung kann man als relativ große Oppositionspartei sehr schön "quid pro quo" spielen. Tit for tat. Die Regierung entscheidet im Alleingang gar nichts, das ist ja der Witz an der Minderheitsregierung. Sie braucht für jedes Vorhaben Unterstützung aus der Opposition. Und darüber kann man dann verhandeln, jeweils im Einzelfall.
Das ist sehr viel komfortabler für die SPD, als sich von vornherein in einem Koalitionsvertrag auf nicht in der Macht Deutschlands liegende Fernziele für die gesamte EU festnageln zu lassen. Dass Merkel und Seehofer das scheuen wie der Teufel das Weihwasser, liegt auf der Hand. Vor allem Merkel war es jetzt lange Zeit gewohnt, quasi per Kanzlerdekret zu regieren. Das geht dann nicht mehr, sondern man muss das Parlament fragen. Genau dafür ist es übrigens gemäß der Verfassung da.
Ich bin übrigens nicht sicher, dass die Meinungsforscher den großen Parteien, sprich v.a. der Union, bei einem Scheitern sämtlicher Koalitionsverhandlungen nicht doch eine Minderheitsregierung statt Neuwahlen empfehlen werden. (An deren kurzfristige Empfehlung werden sie sich halten, egal, was jetzt geredet wird.) Und da könnte es sein, dass prognostiziert wird, dass es den Parteien, die es trotz existierender Mehrheiten nicht hingekriegt haben, eine Regierung zu bilden (aber sich die Diäten zu erhöhen), das nicht unbedingt Quotensprünge einbringt. Ich sehe nur eine Partei, die von Neuwahlen mit Sicherheit profitieren würde. Wie die heißt, brauche ich wohl nicht zu schreiben.
Ich halte Neuwahlen für keine kluge Entscheidung unter den gegenwärtigen bzw. nach einem Scheitern der Verhandlungen gegebenen Umständen, weil ich glaube, dass dabei ein Ergebnis herauskäme, das die Regierungsbildung noch weiter erschweren würde. Es gibt bei Neuwahlen weder für die Union, noch für die SPD, noch für die FDP oder die Grünen etwas zu gewinnen.